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Altersgerechte Ernährung

Inhaltsverzeichnis
Mit zunehmendem Alter verändern sich die Anforderungen an die Ernährung deutlich. Während der Energiebedarf sinkt, bleibt der Bedarf an wichtigen Nährstoffen gleich hoch oder steigt sogar. Eine bewusst zusammengestellte, nährstoffreiche Ernährung kann entscheidend dazu beitragen, Gesundheit, Mobilität und Lebensqualität im Alter zu erhalten. Dieser Ratgeber informiert über die Besonderheiten der Ernährung für ältere Menschen und gibt praktische Tipps für den Alltag.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Energiebedarf nimmt im Alter ab, während der Nährstoffbedarf konstant bleibt oder steigt – daher sind nährstoffreiche, aber energieärmere Lebensmittel wichtig
- Proteine sind essenziell gegen Muskelabbau – wissenschaftliche Untersuchungen deuten darauf hin, dass etwa 1 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht täglich empfohlen werden könnte
- Vitamin D, Kalzium, Vitamin B12 und Folsäure zählen zu den kritischen Nährstoffen im Alter, deren ausreichende Zufuhr besondere Aufmerksamkeit erfordert
- Mindestens 1,5 Liter Flüssigkeit täglich sind wichtig, da das Durstempfinden im Alter nachlässt
- Kau- und Schluckbeschwerden können durch angepasste Konsistenz der Speisen und Hilfsmittel bewältigt werden
- Gemeinsame Mahlzeiten und eine ansprechende Präsentation der Speisen fördern den Appetit und die Lebensfreude
Warum sich die Ernährung im Alter verändert
Die Ernährungsbedürfnisse ändern sich mit den Jahren grundlegend. Ältere Menschen benötigen in der Regel weniger Energie als jüngere Erwachsene. Dies liegt daran, dass der Stoffwechsel langsamer arbeitet, die Muskelmasse abnimmt und die körperliche Aktivität oft reduziert ist. Wissenschaftliche Untersuchungen deuten darauf hin, dass der tägliche Energiebedarf bei Menschen ab 65 Jahren auf etwa 1.500 Kilokalorien sinken kann.
Im Gegensatz zum reduzierten Energiebedarf bleiben die Anforderungen an Vitamine, Mineralstoffe und andere lebenswichtige Nährstoffe jedoch unverändert hoch. In manchen Fällen steigt der Bedarf sogar an. Das zentrale Ziel einer altersgerechten Ernährung besteht daher darin, kleinere Portionen aus besonders nährstoffreichen Lebensmitteln zusammenzustellen, die den Körper optimal versorgen, ohne überschüssige Energie zu liefern.
Physiologische Veränderungen im Alter
Der natürliche Alterungsprozess bringt eine Reihe körperlicher Veränderungen mit sich, die sich direkt auf die Ernährung und den Ernährungszustand auswirken können. Dazu gehört die altersbedingte Abnahme der Muskelmasse, die in der Fachsprache als Sarkopenie bezeichnet wird. Auch die Knochenmasse nimmt ab, während sich die Körperzusammensetzung verändert – der Körperfettanteil steigt, während der Wassergehalt sinkt.
Darüber hinaus können die Sinneswahrnehmungen nachlassen. Ein vermindertes Durstempfinden, ein veränderter Geschmacks- und Geruchssinn sowie eine reduzierte Kauleistung erschweren häufig die Nahrungsaufnahme. Diese Faktoren erhöhen das Risiko für Fehl- oder Mangelernährung erheblich, was wiederum die Anfälligkeit für Krankheiten steigern kann. Eine bewusste Auseinandersetzung mit diesen Veränderungen ist daher wichtig.
Ziele einer ausgewogenen Ernährung im Alter
Eine ausgewogene und bedarfsgerechte Ernährung ist entscheidend für den Erhalt von Gesundheit und Lebensqualität. Sie kann vor Mangelernährung schützen, Krankheiten vorbeugen und dazu beitragen, länger gesund, leistungsfähig und mobil zu bleiben. Gerade bei schweren Krankheiten oder Krankenhausaufenthalten spielt eine gute Ernährung eine wichtige Rolle für Regeneration und Genesung.
Ein gesunder Lebensstil, der bewusste Ernährung und regelmäßige Bewegung einschließt, könnte wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge auch das Risiko für entzündliche Erkrankungen reduzieren. Die richtige Ernährung trägt somit nicht nur zur körperlichen, sondern auch zur geistigen Fitness bei und unterstützt das allgemeine Wohlbefinden im Alter.
Grundregeln für gesunde Ernährung im Alter
Vielfalt und Ausgewogenheit auf dem Speiseplan
Die Grundregeln gesunder Ernährung gelten für ältere Menschen ebenso wie für jüngere Erwachsene. Die Mahlzeiten sollten abwechslungsreich sein und den Körper mit allen wichtigen Nährstoffen versorgen. Pflanzliche Lebensmittel wie Gemüse, Obst, Vollkornprodukte, Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen bilden die Basis und sollten etwa drei Viertel des Speiseplans ausmachen. Tierische Lebensmittel ergänzen diese Basis im verbleibenden Viertel.
Bewährt hat sich die sogenannte „5 am Tag“-Regel: Täglich sollten drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Obst verzehrt werden. Vollkornprodukte sind gegenüber hellen Getreideprodukten zu bevorzugen, da sie mehr Ballaststoffe liefern, die die Verdauung unterstützen.
Mahlzeitengestaltung und Essrhythmus
Statt weniger großer Mahlzeiten sind fünf bis sechs kleinere Mahlzeiten über den Tag verteilt für ältere Menschen oft bekömmlicher. Diese Aufteilung ist besonders bei Kau- oder Schluckbeschwerden vorteilhaft und wird häufig besser akzeptiert. Es ist wichtig, sich Zeit zum Essen zu nehmen und die Speisen appetitlich anzurichten, denn das Auge isst mit.
Gemeinsame Mahlzeiten in Gesellschaft können den Appetit anregen und die Lebensqualität steigern. Wer alleine lebt, kann nach Möglichkeiten suchen, sich mit anderen auszutauschen oder an gemeinschaftlichen Mittagstischen teilzunehmen.
Qualität vor Quantität bei Fetten und Kohlenhydraten
Fette und Kohlenhydrate sind wichtige Energielieferanten, aber die Qualität macht den entscheidenden Unterschied. Pflanzliche Öle wie Raps- und Olivenöl sollten bevorzugt werden, da sie wertvolle ungesättigte Fettsäuren enthalten. Zuckerreiche und stark gesalzene Lebensmittel sollten hingegen nur sparsam konsumiert werden, da übermäßiger Salzkonsum Bluthochdruck begünstigen kann.
Um das im Alter oft nachlassende Geschmacksempfinden auszugleichen, empfiehlt es sich, Salz durch frische Kräuter und Gewürze zu ersetzen. Dies verleiht den Speisen mehr Geschmack, ohne gesundheitliche Risiken zu erhöhen.
Kritische Nährstoffe im Alter
Protein zum Erhalt der Muskulatur
Protein ist als Hauptbestandteil der Muskeln besonders wichtig und liefert Aminosäuren zum Aufbau von Zellen und Gewebe. Um dem altersbedingten Muskelabbau entgegenzuwirken, wird häufig eine leicht erhöhte Proteinzufuhr empfohlen. Wissenschaftliche Untersuchungen deuten darauf hin, dass etwa 1 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag sinnvoll sein könnte.
Gute Proteinquellen sind mageres Fleisch, Fisch, Eier und Milchprodukte wie Joghurt oder Quark. Auch pflanzliche Lebensmittel wie Hülsenfrüchte (Linsen, Erbsen), Tofu, Nüsse und Vollkorngetreide tragen zur Proteinversorgung bei. Eine unzureichende Proteinaufnahme schwächt nicht nur die Muskulatur, sondern auch die Immunabwehr.
Vitamin D und Kalzium für starke Knochen
Vitamin D und Kalzium sind entscheidend für die Knochengesundheit und können Osteoporose vorbeugen. Die körpereigene Vitamin-D-Produktion durch Sonneneinstrahlung nimmt im Alter ab, und Lebensmittel liefern nur geringe Mengen. Daher könnte eine Supplementierung von Vitamin D sinnvoll sein, insbesondere bei pflegebedürftigen oder mobilitätseingeschränkten Personen. Solche Maßnahmen sollten jedoch immer ärztlich abgesprochen werden.
Kalziumreiche Quellen sind Milch und Milchprodukte, wobei mindestens drei Portionen täglich empfohlen werden. Auch grünes Gemüse wie Grünkohl oder Brokkoli sowie kalziumreiches Mineralwasser tragen zur Versorgung bei.
Vitamin B12 und Folsäure
Vitamin B12 ist lebensnotwendig für die Blutbildung und die Funktion des Nervensystems. Ein Mangel kommt im Alter häufig vor, da chronische Magenschleimhautentzündungen die Aufnahme des Vitamins behindern können. Da Vitamin B12 fast ausschließlich in tierischen Produkten wie Fleisch, Fisch, Milchprodukten und Eiern vorkommt, ist bei rein pflanzlicher Ernährung eine bedarfsdeckende Zufuhr ohne Supplementierung schwierig.
Folsäure spielt eine wichtige Rolle bei der Zellteilung und Blutbildung. Wissenschaftliche Untersuchungen deuten darauf hin, dass Folsäure zur Senkung des Homocystein-Spiegels beitragen könnte, dessen Erhöhung mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und kognitive Einschränkungen in Verbindung gebracht wird. Folsäure findet sich vor allem in grünem Blattgemüse, Tomaten und Vollkornprodukten.
Bewältigung von Ernährungsproblemen
Umgang mit Kau- und Schluckstörungen
Kau- oder Schluckbeschwerden sind häufige altersbedingte Herausforderungen, die schnell zu Appetitmangel und Mangelernährung führen können. Ursachen sind oft schlecht sitzende Zahnprothesen, Mundtrockenheit oder neurologische Erkrankungen. Zur Linderung kann die Nahrungskonsistenz angepasst werden, beispielsweise durch Pürieren, Zerkleinern oder Andicken von Flüssigkeiten.
Spezielle Ess- und Trinkhilfen wie Becher mit Nasenaussparung oder Besteck mit dicken Griffen können die selbstständige Nahrungsaufnahme unterstützen. Bei anhaltenden Beschwerden ist es ratsam, ärztlichen Rat einzuholen, um mögliche Grunderkrankungen auszuschließen oder zu behandeln.
Vorbeugung von Mangelernährung
Mangelernährung und Untergewicht sind bei pflegebedürftigen oder hochbetagten Menschen ein ernstes Problem, das oft schleichend beginnt. Ursachen können Appetitlosigkeit, veränderte Sinneswahrnehmungen oder soziale Faktoren wie Einsamkeit sein. Zur Vorbeugung sollte das Essen energiereich angereichert werden, beispielsweise mit hochwertigen Pflanzenölen, Nüssen, Sahne oder fettreichem Käse.
Bei unzureichender Nährstoffzufuhr kann nach ärztlicher Rücksprache auf Trinknahrung zurückgegriffen werden, die den Kalorien- und Nährstoffbedarf ergänzt. Solche Supplemente sollten jedoch nicht eigenmächtig, sondern immer in Absprache mit medizinischem Fachpersonal eingesetzt werden.
Die Bedeutung ausreichender Flüssigkeitszufuhr
Ältere Menschen leiden häufig unter Flüssigkeitsmangel aufgrund eines nachlassenden Durstgefühls. Dies kann zu Konzentrationsproblemen, Müdigkeit, Verwirrtheit und Verstopfung führen. Mindestens 1,5 Liter Flüssigkeit sollten täglich getrunken werden, vorzugsweise Wasser oder ungesüßte Kräuter- und Früchtetees.
Um das Trinken zu fördern, können feste Trinkrituale eingeführt werden. Getränke sollten sichtbar platziert werden, und bei Bedarf können spezielle Trinkgefäße oder Aromen durch Früchte und Kräuter das Trinken attraktiver machen. Regelmäßige Erinnerungen durch Angehörige oder Pflegepersonen können ebenfalls hilfreich sein.
Hilfsangebote und Unterstützung
Um eine kontinuierlich gesunde und abwechslungsreiche Versorgung zu gewährleisten, können externe Hilfsangebote genutzt werden. Die DGE-Qualitätsstandards bieten eine Orientierung für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen und für Anbieter von Essen auf Rädern. Diese Dienste liefern regelmäßig warme, nährstoffreiche Mahlzeiten, die auf individuelle Bedürfnisse zugeschnitten werden können.
Für die soziale Komponente und zur Anregung des Appetits ist die Teilnahme an Mittagstischen oder gemeinsamen Mahlzeiten mit Angehörigen hilfreich. Wer im Alter aktiv bleiben möchte, findet außerdem Anregungen für Freizeitaktivitäten wie Gartenarbeit, die sowohl Bewegung als auch soziale Kontakte fördern.
Praktische Tipps für den Alltag
Die Umsetzung einer altersgerechten Ernährung im Alltag muss nicht kompliziert sein. Einige praktische Tipps können dabei helfen, die Ernährungsgewohnheiten schrittweise zu verbessern. Dazu gehört zunächst die Planung der Mahlzeiten. Wer im Voraus plant, welche Gerichte zubereitet werden sollen, kann gezielt nährstoffreiche Zutaten einkaufen und vermeidet ungeplante, oft weniger gesunde Mahlzeiten.
Die Vorratshaltung spielt ebenfalls eine Rolle. Haltbare, nährstoffreiche Lebensmittel wie Vollkornnudeln, Haferflocken, Nüsse, Hülsenfrüchte und Konserven mit Gemüse oder Fisch sollten stets im Haushalt vorhanden sein. So lässt sich auch bei eingeschränkter Mobilität oder schlechtem Wetter eine ausgewogene Mahlzeit zubereiten.
Beim Kochen können einfache Zubereitungsmethoden wie Dünsten, Dämpfen oder Backen bevorzugt werden, da sie schonend sind und Nährstoffe erhalten. Wer Schwierigkeiten beim Stehen oder bei der Zubereitung hat, kann auf Hilfsmittel wie Küchenhocker, spezielle Küchenutensilien mit ergonomischen Griffen oder Küchenmaschinen zurückgreifen.
Ernährung und Lebensqualität
Ernährung ist weit mehr als nur Nahrungsaufnahme. Sie hat einen direkten Einfluss auf die Lebensqualität und das Wohlbefinden. Gemeinsame Mahlzeiten mit Familie oder Freunden schaffen soziale Momente, die gerade im Alter wichtig sind. Auch die Freude am Essen selbst, an neuen Rezepten oder an liebevoll zubereiteten Speisen trägt zur Lebensfreude bei.
Wer Schwierigkeiten beim Hören hat, kann beim gemeinsamen Essen oder bei gesellschaftlichen Anlässen technische Hilfsmittel nutzen, um Gesprächen besser folgen zu können. Dies fördert die Teilhabe und verhindert soziale Isolation, die sich negativ auf den Appetit und die Ernährung auswirken kann.
Eine positive Einstellung zum Essen und zur eigenen Gesundheit spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Wer sich bewusst macht, dass jede Mahlzeit einen Beitrag zur eigenen Gesundheit und Vitalität leistet, geht möglicherweise achtsamer mit der Ernährung um. Kleine Veränderungen und bewusste Entscheidungen können langfristig große Wirkung zeigen.
Häufige Fragen zur altersgerechten Ernährung
Wie viele Mahlzeiten sollten ältere Menschen täglich zu sich nehmen?
Anstelle von drei großen Mahlzeiten werden für ältere Menschen häufig fünf bis sechs kleinere Mahlzeiten über den Tag verteilt empfohlen. Diese sind bekömmlicher und erleichtern die Nährstoffaufnahme, besonders bei Kau- oder Verdauungsproblemen.
Welche Nährstoffe sind im Alter besonders wichtig?
Zu den kritischen Nährstoffen im Alter zählen Protein, Vitamin D, Kalzium, Vitamin B12 und Folsäure. Diese sollten durch eine ausgewogene Ernährung oder gegebenenfalls nach ärztlicher Beratung durch Nahrungsergänzungsmittel zugeführt werden.
Was kann bei Appetitlosigkeit im Alter helfen?
Eine appetitliche Anrichtung der Speisen, gemeinsame Mahlzeiten, frische Kräuter und Gewürze sowie die Anreicherung der Speisen mit hochwertigen Ölen oder Nüssen können den Appetit anregen. Bei anhaltender Appetitlosigkeit sollte ärztlicher Rat eingeholt werden.
Wie kann Flüssigkeitsmangel im Alter vermieden werden?
Feste Trinkrituale, sichtbar platzierte Getränke, aromatisiertes Wasser mit Früchten oder Kräutern und regelmäßige Erinnerungen können helfen, die tägliche Trinkmenge von mindestens 1,5 Litern zu erreichen.
Sind Nahrungsergänzungsmittel im Alter notwendig?
Ob Nahrungsergänzungsmittel notwendig sind, hängt vom individuellen Ernährungszustand und Gesundheitszustand ab. Eine Supplementierung sollte immer nach ärztlicher Absprache erfolgen, um Mangelerscheinungen gezielt zu behandeln oder vorzubeugen.
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