Audiotherapie

1. August 2025
7 Minuten Lesezeit
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Menschen, die unter plötzlichem Hörverlust oder Schwerhörigkeit leiden, stehen vor vielen Herausforderungen. Sie müssen lernen, mit diesen Einschränkungen zu leben, ihren Alltag neu zu strukturieren, die Kommunikation anzupassen und in der Regel auch mit einer neuen Hörhilfe umzugehen. 

Um Betroffene in diesen Situationen zu unterstützen, gibt es spezielle Audiotherapien. Im Folgenden erfahren Sie mehr über die Behandlungsmöglichkeiten, den Therapieablauf, Kostenübernahme etc.

Was ist eine Audiotherapie?

Die Audiotherapie, auch Hörtherapie genannt, ist eine Therapie, die sich mit dem Umgang mit einer Hörbehinderung sowie der Wiederherstellung der Hörfähigkeit bei Menschen mit Hörschädigung befasst.

Sie kann präventiv, begleitend zu medizinischen Behandlungen oder auch ergänzend zum Einsatz technischer Hilfsmittel wie Hörgeräte oder Cochlea-Implantate erfolgen.

Ziel der Audiotherapie ist es, Betroffenen durch Aufklärung, Beratung und praktische Unterstützung einerseits, den Umgang mit ihrer neuen Lebenssituation, zum Beispiel Schwerhörigkeit oder neue Hörhilfen, zu erleichtern, und gleichzeitig das Gehör, das Hören, Verstehen und die Kommunikation, soweit möglich,  zu verbessern.

Das erfordert das aktive Engagement der betroffenen Personen, die anhand verschiedener Übungen und Hörtrainings ihre Hörfähigkeit schrittweise verbessern können. Dazu gehören beispielsweise Übungen

zur Wahrnehmung von Sprachmustern, Strategien für die Kommunikation in geräuschvollen Umgebungen, der Umgang mit technischen Hörhilfen, Bewältigungsstrategien bei Tinnitus und viele weitere Bereiche. 

Zudem kann die psychosoziale Unterstützung betroffener Personen Teil der Audiotherapie sein.

Wer bietet eine Audiotherapie an?

Fachleute für Audiotherapie, sogenannte Audiotherapeuten, findet man in unterschiedlichen Bereichen wie Medizin und Hörgeräteakustik, Selbsthilfe, Psychologie und Audiologie. 

Audiotherapien werden beispielsweise von HNO-Ärzten oder in Reha-Kliniken, von Hörgeräteakustikern, Audiologen, Sprachtherapeuten oder freiberuflichen Audiotherapeuten angeboten. Der Begriff “Audiotherapie” ist kein geschützter Begriff und keine direkte Berufsbezeichnung. Die Qualifikation wird über Weiterbildungen erlangt, die beispielsweise vom Deutschen Schwerhörigenbund e.V. oder der Europäischen Union für Hörakustik e.V. für berufserfahrene Hörgeräteakustiker angeboten werden. 

Audiotherapien können sowohl in Einzelsitzunge als auch in Gruppenangeboten erfolgen.

Wie funktioniert eine Audiotherapie?

Die Audiotherapie umfasst eine Reihe verschiedener Behandlungsmethoden und Techniken, die je nach Zielgruppe und individueller Situation zum Einsatz kommen. Dazu gehören neben Diagnostik und Beurteilung, Beratung, Aufklärung und psychosozialer Unterstützung unter anderem die Bereiche Hör- und Kommunikationstraining, Geräuschbewältigung, Tinnitus-Management und -Bewältigungs-Therapie (TRT) sowie der Umgang mit technischen Hörhilfen.

Diagnostik und Beurteilung

Die Diagnostik und Beurteilung von Hörproblemen erfolgt in der Regel durch einen HNO-Arzt. Er kann die Symptome richtig einordnen und die geeignete Therapie festlegen. Unterstützend können Audiotherapeuten verschiedene Tests zur Bestimmung des Hörvermögens oder der Beurteilung der Sprachverständlichkeit durchführen.

Beratung, Aufklärung und psychosoziale Unterstützung

Es ist besonders wichtig, dass Betroffene über die Hörminderung und die möglichen Auswirkungen, die Themen Hörverlust, Schwerhörigkeit etc. aufgeklärt werden. Eine umfassende Beratung zeigt sinnvolle Therapiemöglichkeiten auf und kann ihnen helfen, informierte Entscheidungen zu treffen und die bestmögliche Unterstützung zu erhalten. Zudem soll es ihnen dabei helfen, ein Akzeptanz sowie ein realistisches Selbstbild zu entwickeln und auf Basis dessen individuelle Verhaltensstrategien zu erarbeiten.

Gemeinsam mit dem Audiotherapeuten werden zudem Perspektiven für das Privatleben und den Beruf aufgezeigt sowie Copingstrategien zur Bewältigung der Situation erarbeitet.

Auch Angehörige von Schwerhörigen können in einer audiotherapeutischen Beratung über diese Themen informiert werden und wichtige Tipps zum Umgang mit den Betroffenen erfahren.

Hör- und Kommunikationstraining

Hörtraining und Kommunikationstraining umfassen eine Vielzahl verschiedener Übungen, mit denen Schwerhörige einerseits ihr Gehör verbessern können und andererseits die Interaktion im Alltag erleichtert werden soll. 

So werden die Patienten beispielsweise in den Bereichen Gehörbildung und Geräuschbewältigung trainiert. Dazu zählen Übungen zur Differenzierung und Wahrnehmung von Tönen und Geräuschen, zum Beispiel Richtungshören oder das Unterscheiden von Geräuschen sowie Sprachverstehen in geräuschvollen Umgebungen, sowie Übungen zur Desensibilisierung bei Hyperakusis (Geräuschüberempfindlichkeit).

Diese Hör- und Sprachübungen sollen dabei helfen, die Fähigkeit zu verbessern, gesprochene Sprache in Alltagssituationen besser zu verstehen.

Zudem können Hör- und Kommunikationstrainings alternative Kommunikationsmethoden wie Lippenlesen, Gebärdensprache oder die Nutzung von schriftlichen Kommunikationsmitteln umfassen.

Umgang mit technischen Hörhilfen

Ein weiterer wichtiger Teil von Audiotherapien ist die Schulung im Umgang mit technischen Hörhilfen. Menschen, die aufgrund von Schwerhörigkeit oder Hörverlust ein Hörgerät oder zum Beispiel ein Cochlea-Implantat benötigen, erfahren im Rahmen der Audiotherapie mehr über die Möglichkeiten und Unterschiede von Hörsystemen sowie deren Anwendung. Zudem lernen sie weitere Hilfsmittel und Apps kennen und anzuwenden.

Tinnitus-Management

Zu den typischen audiotherapeutischen Aufgaben zählt auch das Tinnitus-Management. Dies beinhaltet neben verschiedenen Entspannungstechniken zur Reduktion von Stress und Tinnitus-Wahrnehmung die sogenannte Tinnitus-Retraining-Therapie (TRT). Dabei handelt es sich um eine Kombination aus audiologischer Beratung und therapeutischem Training mit dem Ziel, die Ohrgeräusche, die bei Tinnitus auftreten, zu minimieren.

Für wen ist eine Audiotherapie sinnvoll?

Grundsätzlich sind Audiotherapien für alle Menschen mit Hörminderung sinnvoll.

Der Umfang und die jeweiligen Behandlungsstrategien sind jedoch individuell, je nach Patient oder Zielgruppe, zu definieren, um die spezifischen Bedürfnisse und Lebenssituationen der Betroffenen zu berücksichtigen – von älteren hin zu jüngeren Menschen, von leichten Hörproblemen bis hin zu Schwerhörigkeit, von chronischer hin zu plötzlich auftretendem Hörverlust, von Tinnitus-Patienten bis hin zu Hörgeräteträgern. 

Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob und wie Sie von einer Audiotherapie profitieren können, wenden Sie sich am besten an Ihren HNO-Arzt.

Ablauf einer Audiotherapie

Der Ablauf einer Audiotherapie erfolgt individuell, das heißt auf Basis der zugrundeliegenden Höreinschränkung des Patienten, des jeweiligen Hörsystems etc. 

In der Regel erfolgt jedoch zunächst immer ein Erstgespräch mit dem Audiotherapeuten. Nach der Anamnese, das heißt einer detaillierten Erhebung der Krankengeschichte, wird die Diagnose gestellt. Auf Basis dessen werden Behandlungsmöglichkeiten und Inhalte der Therapie definiert und besprochen und ein individueller Behandlungsplan erstellt, der die gemeinsamen, kurz- und langfristigen Therapieziele festhält.

Dieser Therapieplan bildet die Grundlage für die nun folgenden Therapiesitzungen, das Hör- und Kommunikationstraining, das einzeln oder als Gruppentherapie erfolgen kann.  

Während der Audiotherapie werden regelmäßig die Fortschritte dokumentiert, bewertet und dementsprechend Übungen angepasst. Fortlaufende Unterstützung und regelmäßige Nachsorgetermine sollen den Therapieerfolg sichern, um das  Hörvermögen langfristig zu optimieren und die Therapie bei Bedarf ggf. fortzusetzen.

Kosten für eine Audiotherapie

Wie die Therapie selbst gestalten sich auch die Kosten für eine Audiotherapie individuell. In der Regel liegt der Preis für eine Audiotherapie-Stunde bei etwa 40 Euro. Die Preise sind jedoch unter anderem vom Audiotherapeuten, von der Dauer der Therapie, der Therapieform, also beispielsweise Einzel- oder Gruppensitzungen, und den jeweiligen Inhalten abhängig. 

Die Kosten für eine Audiotherapie werden meist nicht oder nur in Einzelfällen von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen. Ein Grund dafür ist, dass Audiotherapie nicht immer als notwendige medizinische Behandlung anerkannt, sondern als ergänzende Maßnahme betrachtet wird. Sie sollten sich also bestenfalls schon vor Beginn der Therapie bei Ihrer Krankenkasse über eine mögliche Bezuschussung informieren.