HÖRST
Glossar
T
Die T‑Spule (Telecoil) ist eine Spule im Hörgerät, die elektromagnetische Signale von Induktionsschleifenanlagen (z. B. in Theatern oder Kirchen) empfängt und direkt in das Hörsystem einspeist. Sie umgeht Mikrofone und verbessert das Signal‑zu‑Rausch‑Verhältnis erheblich, da Umgebungsgeräusche ausgeblendet werden. Aktiviert wird die T‑Spule manuell oder automatisch, je nach Hörgerätemodell. Normierte Induktionsschleifen erzeugen ein genormtes Magnetfeld von 100 mA/m, das die T‑Spule optimal abtastet. Die T‑Spule ist essenziell für barrierefreie Kommunikation in öffentlichen Einrichtungen.
Tageshörschwankungen beschreiben natürliche Veränderungen der Hörschwelle oder des Tinnituspegels im Tagesverlauf. Sie resultieren aus zirkadianen Rhythmen, Hormonspiegeln und Schwankungen der Mittelohr‑ und Cochleaflüssigkeiten. Patienten berichten oft von besserem Hören am Morgen und verstärktem Tinnitus am Abend. In der Diagnostik werden wiederholte Messungen zu verschiedenen Tageszeiten empfohlen, um repräsentative Befunde zu erhalten. Therapiepläne berücksichtigen Schwankungen, indem sie Hörgeräteprogramme und Noiser‑Einsätze zeitlich anpassen.
Das Tegmen tympani ist die dünne knöcherne Decke der Paukenhöhle und trennt das Mittelohr von der mittleren Schädelgrube. Es schützt das Gehirn vor Entzündungen aus dem Mittelohr und dient als Zugangspunkt bei bestimmten neurotologischen Operationen. Defekte im Tegmen können zu Liquorfisteln und zerebralen Infektionen führen. Bildgebende Verfahren (CT, MRT) prüfen bei chronischer Otitis media die Integrität des Tegmen. Chirurgische Rekonstruktion mit autologen oder alloplastischen Materialien stellt die Barrierefunktion wieder her.
Die Temporalauflösung ist die Fähigkeit des auditorischen Systems, zeitlich eng aufeinanderfolgende Schallereignisse als getrennt wahrzunehmen. Sie wird mit Tests wie Gap‑Detection oder Doppelklick‑Audiometrie gemessen. Gute Temporalauflösung ist entscheidend für Sprachverständnis in schnellen Sprachpassagen und für Musikwahrnehmung. Bei zentralen Hörverarbeitungsstörungen oder Hidden Hearing Loss ist die Temporalauflösung oft reduziert. Hörtraining kann die neuronale Verarbeitung temporal feiner Reize verbessern.
Der Temporallappen ist der Hirnbereich, in dem der primäre auditorische Kortex (Heschl’sche Querwindung) liegt. Er verarbeitet grundlegende Klangmerkmale wie Frequenz und Lautstärke und ist beteiligt an Sprachverständnis (Wernicke-Areal). Läsionen im Temporallappen führen zu auditorischen Agnosien, Sprachverständnisstörungen und Tinnitusverarbeitungsschwierigkeiten. Funktionelle Bildgebung (fMRI, PET) zeigt Aktivierungsmuster bei akustischen und sprachlichen Aufgaben. Die Plastizität des Temporallappens ermöglicht Rehabilitationserfolge nach Hörverlust und Implantationen.
Therapeutisches Hören ist der gezielte Einsatz von akustischen Reizen — etwa Musik, Sprachübungen oder Noiser — zur Behandlung von Hörstörungen und Tinnitus. Es kombiniert Hörtraining, Desensibilisierung und kognitive Therapieansätze. Programme sind individualisiert und können in klinischen Sitzungen oder per App‑gestütztem Home‑Training durchgeführt werden. Ziel ist Verbesserung von Sprachverständnis, Reduktion von Tinnitusbelastung und Förderung neuronaler Plastizität. Studien zeigen langfristige Effekte auf Hörkomfort und Lebensqualität.
Tinnitus ist die Wahrnehmung von Geräuschen (z. B. Pfeifen, Rauschen) ohne externe Schallquelle. Er entsteht durch spontane neuronale Aktivität im auditorischen System, häufig nach Haarzellschäden oder zentralen Fehlanpassungen. Tinnitus kann pulsatil, tonal oder rauschartig sein und variiert in Lautstärke und Belastung. Diagnostik umfasst Anamnese, Tinnitusscreening (Frequenz‑, Pegelbestimmung) und Ausschluss organischer Ursachen. Therapieansätze reichen von Soundtherapie, Tinnitus‑Retraining bis zu kognitiver Verhaltenstherapie.
Die Tinnitus‑Retraining‑Therapie (TRT) kombiniert Klangtherapie mit psychologischer Beratung, um Habituation an Tinnitus zu fördern. Ein Noiser oder breites Rauschen wird kontinuierlich oder situativ eingespielt, um das Tinnitus-Signal zu überdecken und neuronale Anpassung zu ermöglichen. Parallel werden kognitive Strategien erlernt, um negative Reaktionen auf Tinnitus zu reduzieren. Der Prozess dauert meist 12–18 Monate und zeigt bei vielen Patienten deutliche Reduktion der Tinnitusbelastung. Regelmäßige Evaluationen passen Klangprofile und Beratungsinhalte an.
Der Tinnitus‑Generator ist der individuelle Ort oder Mechanismus im auditorischen System, der Tinnitus erzeugt, z. B. beschädigte Haarzellen, verstärkte zentrale Gain‑Kontrolle oder somatosensorische Einflüsse. Er kann per Elektrocochleographie, OAE‑Mapping oder bildgebenden Verfahren lokalisiert werden. Kenntnis des Generators ermöglicht zielgerichtete Therapien, etwa fokale Medikamentengabe oder Neurostimulation. In komplexen Fällen existieren multiple Generatoren auf peripherer und zentraler Ebene. Forschung nutzt Tiermodelle, um Generatoren und deren Interaktionen zu entschlüsseln.
Ein Tinnitus‑Masker ist ein Gerät oder eine Funktion, die ein externes Rauschsignal zur Überdeckung des Tinnitus erzeugt. Masker können breitbandiges Rauschen, Notch‑Filter‑Rauschen oder schmalbandige Tinnitus‑spektrale Klänge sein. Ziel ist, das Tinnitus‑Signal im Bewusstsein zu verdrängen und Habituation zu fördern. Integrierte Masker in Hörgeräten erlauben situative Aktivierung und Anpassung von Lautstärke und Spektrum. Masker-Therapie verbessert Schlaf und Konzentration bei Tinnitus-Patienten.
Tinnitus‑Perzeption umfasst die subjektive Erfahrung von Tinnitus, einschließlich Toncharakteristik, Lautstärke, Lokalisation und emotionaler Reaktion. Sie wird mit Fragebögen (z. B. TFI, THI) und akustischen Matching‑Verfahren erfasst. Perzeptionsdimensionen korrelieren nur teilweise mit objektiven Messgrößen, da kognitive und emotionale Faktoren eine große Rolle spielen. Therapieerfolg wird hauptsächlich über Veränderungen in der Tinnitus‑Perzeption bewertet. Langzeittracking der Perzeption hilft, Therapieansätze zu individualisieren und Anpassungen vorzunehmen.
Tonaudiometrie ist das Standardverfahren zur Bestimmung der Hörschwellen für reine Töne über Luft‑ und Knochenleitung. Testtöne in definierten Frequenzen (125 Hz–8 kHz) werden dem Probanden über Kopfhörer oder Knochenleiter dargeboten; die minimal wahrgenommenen Pegel werden im Audiogramm eingetragen. Sie differenziert zwischen Schallleitungs‑ und sensorineuralem Hörverlust durch Vergleich beider Übertragungswege. Automatisierte und manuelle Protokolle gewährleisten Präzision und Reproduzierbarkeit. Die Ergebnisse sind Basis für Hörgeräteanpassung und Diagnostik von Mittel- und Innenohrpathologien.
Die Tonhöhenauflösung beschreibt die Fähigkeit, zwei Töne unterschiedlicher Frequenz als getrennt wahrzunehmen. Sie wird psychoakustisch mit Dichterton‑ oder Differenztontests ermittelt und als kleinste detektierbare Frequenzdifferenz (Δf) angegeben. Eine gute Auflösung ist essenziell für Musikverständnis und Sprachwahrnehmung, da sie Formanten und Melodieverläufe differenziert. Bei Cochlea‑Schädigungen verschlechtert sich die Auflösung, was zu unscharfem Klang führt. Hörgeräte- und Implantatstrategien zielen darauf ab, verbleibende tonotopische Präzision zu erhalten.
Tonhöhenerkennung ist die Fähigkeit, den absoluten oder relativen Tonhöhenwert eines Gehörten zu bestimmen, etwa in Melodien oder Telefongesprächen. Tests wie Melodie‑Discrimination oder musikalische Intervalle prüfen diese Fähigkeit. Sie hängt von kohärenter Verarbeitung in Cochlea und auditivem Kortex ab. Störungen zeigen sich bei zentralen auditorischen Verarbeitungsstörungen oder nach Schlaganfall im Temporallappen. Musikalisches Hörtraining kann Tonhöhenerkennung durch Plastizität verbessern.
Der Tonleiter‑Test ist ein psychoakustisches Verfahren, bei dem Probanden aufeinanderfolgende Tonleitern (auf‑/absteigend) erkennen oder reproduzieren müssen. Er prüft Tonhöhenerkennung, Sequenzgedächtnis und musikalische Fähigkeiten. In der Audiologie dient er zur Beurteilung von Klangqualität und Temporalverarbeitung bei Hörsystemträgern. Unterschiede in Testleistung vor und nach Hörgeräteanpassung zeigen Versorgungserfolg in musikalischen Szenarien. Variationen mit unterschiedlichen Intervallen analysieren detailreich Frequenzauflösung.
Tonleiterhören bezeichnet die Wahrnehmung und kognitive Verarbeitung von Tonleitern als musikalische Struktur. Es umfasst Erkennen von Skalenart (Dur, Moll), Intervallen und Melodieverläufen. Neuroimaging zeigt spezifische Aktivierungsmuster im Temporallappen und assoziierten Arealen. Hörverlust reduziert Tonleiterhören durch verschlechterte Frequenz- und Zeitauflösung. Rehabilitative Musiktherapie nutzt Tonleiterübungen, um auditive Verarbeitung und Lebensqualität zu fördern.
Tonotopie ist die systematische räumliche Zuordnung von Frequenzen entlang der Cochlea (Basis = hohe, Apex = tiefe Frequenzen) und im auditorischen Kortex. Sie bildet die Grundlage für Frequenzkodierung im Gehör und erlaubt präzise Filterung in Hörgeräten. Tonotopische Karten im Kortex zeigen, wie Hörreize unterschiedlicher Frequenz topographisch abgebildet werden. Schäden in bestimmten Cochlea-Regionen führen zu frequenzspezifischem Hörverlust. Cochlea‑Implantate nutzen Tonotopie, indem Elektroden entlang der Schnecke entsprechend frequenzsortiert stimulieren.
Tonschwellenerhöhung bezeichnet das Anheben der Hörschwelle für Töne in bestimmten Frequenzbereichen, wie sie im Audiogramm als Hörverlust sichtbar wird. Sie kann leicht (20–40 dB), mittel (41–70 dB) bis hochgradig (>70 dB) ausgeprägt sein. Ursachen sind Lärmtrauma, Presbyakusis oder ototoxische Schädigung von Haarzellen. Die Erhöhung informiert über betroffene Frequenzen und leitet gezielte Verstärkung in Hörsystemen ein. Verlaufsmessungen dokumentieren Progression oder Erholung nach Therapie.
Toxische Hörschädigung entsteht durch Ototoxine wie Aminoglykosid-Antibiotika, Cisplatin oder Lösungsmittel, die Haarzellen und synaptische Verbindungen zerstören. Meist beginnt sie im Hochtonbereich und schreitet bei weiterer Exposition absteigend fort. Früherkennung per OAE‑Monitoring während Therapie kann irreversible Schäden reduzieren. Schutzstrategien beinhalten Dosisanpassung, otoprotektive Substanzen und regelmäßige audiologische Kontrollen. Langzeitfolgen reichen von Tinnitus bis zu dauerhaftem sensorineuralem Hörverlust.
Der Tragus ist der knorpelige Vorsprung vor dem Gehörgang, der den Eingang teilweise abschirmt und als natürlicher Schallschutz dient. Er beeinflusst Interaurale Pegeldifferenzen und damit Lokalisation von Schallquellen. Klinisch dient er als anatomischer Orientierungspunkt bei Otoskopie und Tragusreflexprüfung. Druck auf den Tragus kann in der Fremdreflexprüfung Schmerzen hervorrufen und auf Entzündungen im Gehörgang hinweisen. Bei Otoplastikdesign wird die Traguskontur exakt nachgeformt, um Dichtung und Komfort zu gewährleisten.
Der Tragusreflex (auch Otalgia-Reflex) ist ein Schmerz- oder Kausreflex, der beim Druck auf den Tragus oder Zug am Ohrläppchen ausgelöst wird. Ein positiver Reflex deutet auf Entzündung oder Druckschmerz im äußeren Gehörgang (Otitis externa). Er ergänzt die Otoskopie um einen funktionellen Test der Haut und Sensibilität im Kanal. Differentialdiagnostisch hilft er, otogene Schmerzen von zahn- oder Kiefergelenksursachen abzugrenzen. Reflexauslösung erfolgt mit leichtem Fingerdruck; Verstärkung bei Pathologie ist typisch.
TEOAE sind Schallantworten der Cochlea auf kurze Klick- oder Pulstöne, gemessen im äußeren Gehörgang. Sie entstehen durch aktive Rückkopplung der äußeren Haarzellen und sind ein objektiver Indikator für Cochlea-Gesundheit. TEOAE-Screening wird im Neugeborenenhörscreening eingesetzt, da es ohne aktive Mitarbeit funktioniert. Fehlen TEOAE, deutet dies auf äußere Haarzellschädigung und möglichen sensorineuralen Hörverlust. Messung erfolgt innerhalb weniger Millisekunden nach Reiz und bietet hohe Sensitivität und Spezifität.
Transmissionsschall bezeichnet Schall, der durch Wände, Decken oder andere Strukturen von einem Raum in einen anderen übertragen wird. Er wird im Bauwesen untersucht, um Lärmschutz zwischen Wohnungen oder Büros sicherzustellen. Messgrößen sind Transmission Loss (TL) und gewichteter Schalldämm-Maß (Rw). Bauliche Maßnahmen wie doppelte Wände, schwingende Unterkonstruktionen und Dämmschichten minimieren Transmissionsschall. Normen legen Mindestanforderungen für Wohn‑ und Arbeitsbereiche fest.
Der Transmissionsschallverlust ist die Differenz zwischen eingehendem und austretendem Schalldruckpegel an einer Trennwand, angegeben in dB. Er charakterisiert die Schalldämmungseigenschaften von Bauteilen. Höhere Werte bedeuten bessere Dämmung. Prüfungen erfolgen in Laboren mit genormten Schallfeldern; Feldmessungen validieren vor Ort. Transmissionsschallverlust ist entscheidend für Schallschutzklassen und Bauakustikplanung.
Das Trommelfell (Membrana tympani) ist eine dünne, semitransparente Membran, die Außenohr und Mittelohr trennt und Schall in mechanische Schwingungen umwandelt. Es besteht aus drei Schichten: Haut, Bindegewebe und Schleimhaut. Intakte Beweglichkeit und Spannung sind essenziell für effektive Schallleitung. Perforationen oder Narbenbildung beeinträchtigen die Impedanzanpassung und führen zu Schallleitungsschwerhörigkeit. Chirurgische Rekonstruktion (Myringoplastik) stellt Integrität und Funktion wieder her.
Eine Trommelfellperforation ist ein Defekt in der Membrana tympani, verursacht durch Infektionen, Trauma oder Barotrauma. Sie zeigt sich otoskopisch als Loch oder Riss und führt zu Schallleitungsschwerhörigkeit und erhöhtem Infektionsrisiko. Kleine Perforationen können spontan heilen, größere erfordern Myringoplastik. Tympanometrie dokumentiert den Perforationsgrad über flache Kurven und erhöhtes Compliance‑Signal. Postoperative Kontrolle sichert erfolgreichen Verschluss und Hörgewinn.
Ein Tympanogramm ist die grafische Darstellung der Mittelohrimpedanz in Abhängigkeit vom äußeren Luftdruck. Es entsteht bei Tympanometrie, wenn das Trommelfell mit wechselndem Druck angeregt wird und die Compliance gemessen wird. Typische Kurventypen (A, B, C) kennzeichnen normales Mittelohr, Erguss oder Tubenfunktionsstörung. Tympanogramme helfen, Schallleitungsstörungen zu differenzieren und Paukenröhrchen-Notwendigkeit zu beurteilen. Normwerte variieren je nach Alter und Messsystem.
Tympanometrie ist die Messung der Mittelohrimpedanz durch Variation des Luftdrucks im Gehörgang. Sie bewertet Trommelfellbeweglichkeit und Belüftungszustand der Paukenhöhle. Ein Tympanometer erzeugt ein Tympanogramm, das Rückschlüsse auf Flüssigkeiten, Perforationen oder Funktionsstörungen der Ohrtrompete erlaubt. Sie ist rapide, objektiv und ergänzt Audiometrie und Otoskopie in der HNO-Diagnostik. Normative Kurven helfen, Pathologien wie Otitis media mit Erguss zu erkennen.
Tympanoplastik ist die chirurgische Rekonstruktion von Trommelfell und Gehörknöchelchenkette zur Wiederherstellung der Schallleitung. Verfahren reichen von klassischer Myringoplastik (Trommelfellverschluss) bis zur kombinierenden Tympanomastoidoplastik bei Cholesteatom. Ziele sind Abdichtung des Mittelohrs, Infektionskontrolle und Hörverbesserung. Der Eingriff erfolgt unter Mikroskop, oft mit autologem Transplantatmaterial. Langzeiterfolg wird durch Audiometrie und Bildgebung kontrolliert.