HÖRST
Glossar
Z
Die zentrale Hörverarbeitung umfasst die neuronalen Mechanismen im Hirnstamm, Thalamus und auditorischen Cortex, die akustische Signale von der Cochlea interpretieren. Hier erfolgt die Analyse von Zeit‑ und Pegeldifferenzen, Mustererkennung und Sprachverständnis. Störungen dieser Verarbeitung zeigen sich trotz normaler peripherer Funktion in Symptomen wie schlechtem Sprachverstehen in Lärm. Diagnostische Verfahren wie evozierte Potentiale (ABR, MLR, CAEP) und dichotische Hörtests untersuchen zentrale Verarbeitungspfade. Rehabilitation zielt auf Förderung neuronaler Plastizität durch gezieltes Hörtraining und kognitive Therapie.
Die zentrale Lautheitskontrolle regelt im Gehirn die subjektive Wahrnehmung von Lautstärke und passt sie an Umgebungsbedingungen an. Sie integriert Informationen aus beiden Ohren und priorisiert relevante Signale, um Komfort und Schutz zu gewährleisten. Dysfunktionen führen zu Hyperakusis oder ungenügender Kompression bei Hörsystemen. Messungen der Unbehaglichkeitsschwelle (UCL) und Loudness‑Scaling‑Tests geben Aufschluss über zentrale Lautheitsanpassungen. Moderne Hörgerätemodelle ahmen diese Kontrolle durch adaptive Kompression und automatische Pegelanpassung nach.
Das zentrale Hörgedächtnis speichert akustische Eindrücke – Wörter, Melodien und Klangmuster – über Sekunden bis Minuten, um Sprachverständnis und Musikwiedergabe zu ermöglichen. Es verknüpft auditive Reize mit semantischen und emotionalen Gedächtnisinhalten in Temporallappen und Hippocampus. Beeinträchtigungen, z. B. durch Demenz oder Schädel-Hirn-Trauma, führen zu Schwierigkeiten beim Folgen längerer Sprachpassagen. Tests wie der Auditory Continuous Performance Test messen auditive Merkspanne und Gedächtnisleistung. Hörtraining und mnemonische Strategien können das zentrale Hörgedächtnis stärken.
Zentralnervöse Schwerhörigkeit entsteht durch Läsionen im auditorischen Cortex oder Hirnstamm und äußert sich in schlechtem Sprachverstehen trotz normaler Hörschwellen. Ursachen sind Schlaganfall, multiple Sklerose oder Tumoren in zentralen Hörbahnen. Audiologisch zeigen sich normale OAE, aber verzögerte evozierte Potentiale und gestörte dichotische Hörtests. Therapie umfasst Rehabilitation zentraler Verarbeitungsfunktionen durch gezieltes Hör‑ und Sprachtraining. Interdisziplinäre Betreuung mit Neurologen und Audiologen ist entscheidend.
Zervikale Reflexe sind muskelneuronale Reaktionen im Nacken‑ und Schulterbereich, die durch vestibuläre Reize ausgelöst werden, z. B. bei Kopfbeschleunigung. Sie helfen, Kopf‑Rumpf‑Position zu stabilisieren und werden in der klinischen Vestibulärdiagnostik mit EMG‑Ableitungen gemessen. Veränderungen der Reflexamplitude oder -latenz deuten auf periphere oder zentrale vestibuläre Störungen hin. Tests wie der Vestibulospinale Reflex (VSR) ergänzen Kalorik und vHIT. Rehabilitation trainiert zervikale Reflexbahnen zur Wiederherstellung der Kopfstabilität.
Zimmerlautstärke bezeichnet typische Alltagsgeräuschepegel in Innenräumen, meist zwischen 30 und 50 dB A. Sie umfasst leises Gespräch, Schreibmaschinen‑Klicks oder Hintergrundmusik. Audiologisch wird Zimmerlautstärke als Bezugspunkt für Hörgeräteverstärkung genutzt, um Komfort in Wohnräumen zu gewährleisten. Normen empfehlen, Hörgeräteverstärkung bei diesen Pegeln nicht zu überkompensieren, um Rückkopplungen zu vermeiden. Messungen im Wohnumfeld helfen, individuelle Anpassparameter zu definieren.
Zink‑Luft‑Batterien sind kleine Hochleistungsbatterien, die in Hörgeräten weit verbreitet sind. Sie nutzen Sauerstoff aus der Luft als Kathodenmaterial, was hohe Energiedichte und lange Laufzeiten ermöglicht. Aktivierung erfolgt durch Entfernen einer Abziehfolie; nachlassende Spannung zeigt Verbrauch an. Nachteile sind eingeschränkte Lebensdauer nach Aktivierung und Feuchtigkeitsempfindlichkeit. Moderne Hörgeräte optimieren Verbrauch durch Energiesparmodi und informieren den Träger über Restlaufzeit.
Die Zirbeldrüsen‑Lautstärkeregulation ist eine hypothetische, nicht wissenschaftlich belegte Idee, dass Melatonin‑Rhythmen der Zirbeldrüse Einfluss auf Hörempfindlichkeit nehmen könnten. Bisher gibt es keine gesicherten Studien, die eine direkte Verbindung zwischen Melatoninspiegeln und Hörschwellen belegen. Forschung fokussiert stattdessen auf zirkadiane Schwankungen vestibulärer Funktionen und Hormon‑Gleichgewichtsmechanismen. Klinisch relevant sind Tageshörschwankungen, die eher auf Druck‑ und Flüssigkeitsänderungen im Ohr zurückzuführen sind. Daher spielt die Zirbeldrüse in der Hörmedizin derzeit keine Rolle.
Zirkulärer Hörverlust ist ein seltener Befund, bei dem das Audiogramm konzentrische Absenkungen um eine Mittelfrequenz zeigt, also beide Seiten eines Peaks reduziert sind. Er deutet auf bandförmige Schädigung auf der Basiliarmembran oder spezifische Haarzellschädigung hin. Ursachen können ototoxische Wirkstoffe oder bestimmte Lärmmuster sein. Differentialdiagnostisch werden DPOAE‑Mapping und Elektrocochleographie eingesetzt. Versorgung erfordert gezielte Filterung und Verstärkung im betroffenen Frequenzband.
Zischlaute (Sibilanten) sind hochfrequente Konsonanten wie /s/, /ʃ/ und /z/, die durch turbulente Luftströmung an der Zahnreihe gebildet werden. Sie besitzen starke Energie im Bereich 4–8 kHz und sind besonders anfällig bei Hochtonverlust. In der Sprachaudiometrie prüft man Zischlaut-Erkennung, um Hochtonverstärkung im Hörgerät zu optimieren. Fehlwahrnehmung von Zischlauten führt zu Verständlichkeitsproblemen insbesondere im Deutschen. Anpasssoftware betont Zischlaut-Frequenzen, um Diskrimination zu verbessern.
Vestibulär bedingte Zitterbewegungen sind feine, unwillkürliche Oszillationen von Augen (Nystagmus) oder Kopf, ausgelöst durch Fehlfunktionen im Gleichgewichtssystem. Sie entstehen bei inkorrekter Signalverarbeitung in Bogengängen oder zentralen vestibulären Kernen. Klinisch beobachtet man Zitterbewegungen bei Kalorik‑Tests oder Head‑Impulse‑Tests. Ihre Charakteristika (Richtung, Frequenz) geben Aufschluss über Läsionsort. Vestibuläre Rehabilitation zielt auf Unterdrückung pathologischer Oszillationen durch Adaptation und Substitution.
Zugluftempfindlichkeit beschreibt das Phänomen, dass plötzliche Luftbewegungen im Gehörgang Kältereize auslösen und Ohrenschmerzen oder Tinnitusverstärkung provozieren können. Sie entsteht durch Reizung freiliegender Nervenendigungen bei dünnem Cerumenschutz oder Perforation. Betroffene berichten über stechende Schmerzen oder Druckschwankungen bei Fensterlüftung oder Ventilatorbetrieb. Empfehlung ist, Gehörgang mit weichem Pfropfen oder Hörschutz vor starker Zugluft zu schützen. In schweren Fällen klärt der HNO-Arzt Trommelfell-Integrität ab und behandelt Entzündungen.
Ein Zusatzverstärker ist eine externe Einheit, die das Hörgerätensignal weiter verstärkt, etwa FM‑Empfänger oder Bluetooth‑Streamer. Er erhöht Sprachpegel in schwierigen Situationen wie Vorträgen oder Theater, indem er das Nutzsignal direkt einspeist. Moderne Zusatzverstärker koppeln sich drahtlos und synchronisieren Lautstärkeautomatik des Hörgeräts. Sie erweitern den Dynamikbereich jenseits der internen Verstärkerschaltung. Audiologen konfigurieren Zusatzverstärkerprofile je nach Hörumgebung und Nutzerbedürfnissen.
Die Zygomaticus‑Spannung bezeichnet die Aktivität des M. zygomaticus major bei Lächeln und Gesichtsausdruck, die über Gesichtsnerven nahe am Gehörgang verlaufen. Starke Muskelkontraktionen können mechanisch den Gehörgang verengen und kurzfristige Änderungen der Luftleitungsaudiometrie bewirken. In der Tonaudiometrie achtet man auf Entspannung der Gesichtsmuskeln, um Artefakte zu vermeiden. Bei mimisch-induziertem objektivem Tinnitus (snapping sounds) kann Zygomaticus‑Spannung eine Rolle spielen. Klinisch wird Gesichtsmimik kontrolliert, um unbewusste Störfaktoren bei Hörtests auszuschließen.