HÖRST
Glossar
G
Das Ganglion spirale ist ein Nervenzellganglion im Inneren der Cochlea, in dem die Zellkörper der Hörnervfasern (bipolare Neurone) liegen. Es empfängt elektrochemische Signale von den Haarzellen und leitet Aktionspotenziale über den N. vestibulocochlearis an den Hirnstamm weiter. Schäden oder Degenerationen im Ganglion spirale, etwa durch Alter oder Ototoxine, führen zu sensorineuralem Hörverlust. In der Forschung wird untersucht, wie elektrische Stimulation des Ganglions die Leistung von Cochlea‑Implantaten verbessern kann. Histologische Untersuchungen zeigen, dass Restzellpopulationen für den Erfolg einer Implantation entscheidend sind.
Gating beschreibt in der Psychoakustik die Modulation eines Tonsignals durch ein Ein‑Aus‑Fenster, um das Ein‑ und Ausschwingen des Signals zu untersuchen. Man analysiert, wie schnell das Gehör auf das Einsetzen oder Wegfallen eines Tons reagiert und wie präzise der Hörer die Signalgrenzen erkennt. Diese Messungen liefern Erkenntnisse über zeitliche Auflösung und neuronale Verarbeitungsgeschwindigkeiten im auditorischen System. Klinisch hilft Gating, zentrale Hörverarbeitungsstörungen zu diagnostizieren. Experimente zeigen, dass Gating‑Fähigkeiten mit Alter und Hörverlust abnehmen.
Gebärdensprache ist eine vollwertige visuell‑gestische Sprache, die von Gehörlosen und Schwerhörigen zur Kommunikation verwendet wird. Sie besitzt eigene Grammatikregeln, Syntax und Wortschatz, unabhängig von Lautsprachen. In der Hörrehabilitation spielt sie eine wichtige Rolle als alternative Kommunikationsform. Dolmetscher und Untertitel ergänzen mediale Angebote für Gebärdensprachbenutzer. Forschung zur Neurolinguistik der Gebärdensprache zeigt, dass dieselben Gehirnareale aktiviert werden wie bei Lautsprachen.
Gehörbildung umfasst systematisches Training, um das musikalische und sprachliche Gehör zu schulen, beispielsweise Intervalle, Akkorde oder Sprachlaute zu erkennen. Sie fördert neuronale Plastizität im auditorischen Kortex und verbessert Differenzierungs‑ und Diskriminationsfähigkeiten. In der Audiotherapie wird Gehörbildung eingesetzt, um zentrale Hörverarbeitungsstörungen zu behandeln. Softwaregestützte Programme bieten adaptive Übungen und Feedback. Langfristiges Training steigert Sprachverständlichkeit besonders in lauten Umgebungen.
Der äußere Gehörgang leitet Schall zum Trommelfell und bildet durch seine Form Resonanzen im Frequenzbereich von 2–4 kHz aus, was Sprachverständnis begünstigt. Er ist mit Haut und Cerumendrüsen ausgekleidet, die Ohrenschmalz produzieren und Infektionen vorbeugen. Exostosen oder Cerumenobstruktionen beeinträchtigen die Schallleitung und führen zu Hörminderung. Otoskopische Untersuchung und Reinigung sind Standard in der HNO-Praxis. Chirurgische Eingriffe am Gehörgang erfordern Erhalt der Hautintegrität, um Narben und Stenosen zu vermeiden.
Hammer, Amboss und Steigbügel bilden die Kette der Gehörknöchelchen im Mittelohr, die Schalldruck vom Trommelfell zum ovalen Fenster mechanisch verstärken. Ihre Hebelwirkung erhöht den Schalldruck um etwa das 1,3‑fache, bevor Schwingungen ins Innenohr übertragen werden. Gelenke und Muskeln (Stapedius, Tensor tympani) regulieren Steifigkeit und schützen vor lauten Reizen. Erkrankungen wie Otosklerose verknöchern diese Strukturen und verursachen Schallleitungsschwerhörigkeit. In der Chirurgie werden Prothesen oder Stapes‑Otoplastiken eingesetzt, um die Kette wieder beweglich zu machen.
Gehörschutz verhindert Lärmschäden durch Abdämpfung schädlicher Schalldruckpegel und ist in verschiedenen Formen verfügbar: Ohrstöpsel, Kapselgehörschützer oder individuell angepasste Otoplastiken. Schutzfaktoren (SNR, HML) geben Auskunft über Dämpfungsleistung in verschiedenen Frequenzbereichen. Richtiger Sitz und Tragekomfort sind entscheidend für Wirksamkeit und Akzeptanz. In industriellen und Freizeit‑Umgebungen gelten gesetzliche Vorgaben für Lärmschutz. Moderne elektronische Gehörschützer erlauben Sprachverständigung bei gleichzeitigem Schutz vor Impuls- und Dauerschall.
Die Gehörschwelle ist der niedrigste Schalldruckpegel, der gerade noch wahrgenommen wird, und variiert mit der Frequenz. Sie wird im Audiogramm als Funktion der Frequenz aufgetragen und definiert Normalhörigkeit (0–20 dB HL). Verschiebungen der Schwelle weisen auf Hörverlust hin und bestimmen Versorgungsbedarf. Schwellenbestimmung erfolgt per Ton‑Audiometrie unter standardisierten Bedingungen. Langzeitverläufe zeigen Progression von Lärmschäden oder Therapieeffekten.
Gehörtraining umfasst Übungen zur Verbesserung von Klang‑ und Sprachwahrnehmung, z. B. Tonhöhen‑, Rhythmus‑ oder Sprachverständnis-Tasks. Es nutzt neuronale Plastizität, um zentrale Hörverarbeitung nach Hörverlust oder CI‑Implantation zu stärken. Computerbasierte Programme adaptieren Schwierigkeitsgrad und bieten unmittelbares Feedback. Studien zeigen signifikante Verbesserungen bei dB‑Schwellen und Diskriminationsfähigkeiten. Integration in Rehabilitation erhöht Alltagstauglichkeit und Kommunikationskomfort.
Gehörverlust beschreibt eine Verminderung der Hörfähigkeit, unterteilt in Schallleitungs‑, Schallempfindungs‑ und kombinierte Formen. Ursachen reichen von Cerumenobstruktion über Lärmtrauma bis zu neuronalen Läsionen. Grad und Frequenzbereich des Verlusts werden im Audiogramm dokumentiert. Therapieoptionen sind Hörgeräte, Implantate oder chirurgische Eingriffe. Früherkennung und Intervention verbessern Prognose und Lebensqualität erheblich.
Gehörverstärkung erfolgt meist über Hörgeräte oder Implantate, die Schalldruck anheben oder elektrische Stimulation liefern. Digitale Hörsysteme bieten frequenzselektive Verstärkung und Kompression, um leise Töne hörbar und laute verträglich zu machen. Verstärkungsprofile werden individuell an das Audiogramm angepasst. Zu starke Verstärkung kann Rückkopplungen oder Unbehagen verursachen. Feineinstellung durch den Akustiker optimiert Sprachverständlichkeit und Klangqualität.
Gehörverzögerung bezeichnet eine Verzögerung der Schallwahrnehmung, etwa durch zentrale Verarbeitungsschwierigkeiten oder Hörsystem‑Latenzen. Latenzen über 10 ms können Sprachverständnis und Audio‑Video‑Synchronität beeinträchtigen. In digitalen Hörgeräten wird Latenz durch schnelle Signalprozessoren minimiert. Diagnostisch misst man evozierte Potentiale und Reaktionszeiten in Dichotischen- oder Latenztests. Rehabilitation zielt auf Reduktion zentraler Verzögerungen durch Training.
Bei Überempfindlichkeit oder zentralen Verarbeitungsstörungen kann normale Geräuschkulisse zu geistiger Erschöpfung führen. Betroffene klagen über Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen und Stress. Therapie umfasst Hörtraining, kognitive Verhaltenstherapie und gezielten Einsatz von Gehörschutz. Anpassung von Arbeitsumgebung und Pausengestaltung mindert Symptome. Forschung untersucht neuronale Korrelate von auditiver Ermüdung.
Die Gelatinehaut ist die mittlere, bindegewebige Schicht des Trommelfells und verleiht ihm Zugfestigkeit und Elastizität. Sie besteht aus kollagenen Fasern in radialer und zirkulärer Anordnung. Verletzungen oder Perforationen dieser Schicht beeinträchtigen Schwingungsfähigkeit und führen zu Schallleitungsschwerhörigkeit. Bei Tympanoplastik wird die Gelatinehaut durch Transplantate ersetzt, um Integrität und Funktion wiederherzustellen. Histologische Studien untersuchen Heilungsprozesse und Narbenbildung.
Generelles Maskieren fügt breitbandiges Rauschen dem Testsignal hinzu, um Cross‑Hearing und unerwünschte Mitreaktionen zu verhindern. In der Audiometrie sichert es valide Schwellenbestimmungen beidseits. Maskierungspegel richtet sich nach Interaural-Attenuation-Werten. Falsches Maskieren kann Testergebnisse verfälschen, korrekte Protokolle sind in Normen definiert.
Geräusch ist ein Schallereignis mit unregelmäßigem oder komplexem Frequenzspektrum, das nicht als musikalischer Ton wahrgenommen wird. Es kann störend (Lärm) oder angenehm (Naturklänge) wirken, abhängig von Kontext und Lautstärke. In der Psychoakustik untersucht man Parameter wie Lautheit, Maskierung und Emotionale Reaktion. Geräuschmanagement in Arbeits- und Wohnbereichen dient Gesundheits- und Komfortzielen.
Geräuschempfindlichkeit bezeichnet die individuelle Reaktion auf akustische Reize, die von Normalhörigkeit bis Hyperakusis reicht. Patienten mit Hyperakusis empfinden moderate Lautstärken als schmerzhaft oder stressauslösend. Diagnostisch wird Komfort- und Unbehaglichkeitsschwelle ermittelt. Therapie umfasst Desensibilisierungstraining und kognitive Verfahren. Gezielter Gehörschutz verhindert zusätzliche Reizüberflutung.
Ein Geräuschpegelmesser misst Schalldruckpegel in dB (A) oder dB (C) und wird in Industrie, Umwelt- und Gesundheitsstudien eingesetzt. Moderne Class‑1-Meter bieten hohe Genauigkeit und Frequenzbewertung nach Norm. Mobile Apps nutzen Smartphone-Mikrofone, sind jedoch weniger präzise. Kalibrierung und korrekte Platzierung sind Voraussetzung für verlässliche Daten.
Das Gleichgewichtsorgan im Innenohr besteht aus den Bogengängen und den Otolithenorganen (Sacculus, Utriculus). Es registriert Dreh- und Linearbeschleunigungen und sendet Informationen über Kopfhaltung und -bewegung an das Gehirn. Störungen führen zu Schwindel, Übelkeit und Unsicherheit beim Gehen. Diagnostische Tests sind Kalorische Prüfung, VEMP und Videonystagmographie. Rehabilitation umfasst vestibuläres Training zur Kompensation.
Ein Glockenfilter (Peak‑Filter) betont oder dämpft ein schmales Frequenzband um eine Mittenfrequenz herum und wird in Hörgeräten zur Feinanpassung eingesetzt. Der Filter besitzt zwei Übergangsflanken, deren Steilheit per Q‑Faktor definiert ist. Mit Glockenfiltern lassen sich spezifische Resonanzen oder Störfrequenzen korrigieren. Sie sind Teil von Mehrband‑Equalizern und Kompressionssystemen.
Glutamat ist der primäre Neurotransmitter, den innere Haarzellen am synaptischen Spalt freisetzen, um auditorische Signale an afferente Neuronen weiterzugeben. Die Menge und Geschwindigkeit der Glutamatfreisetzung beeinflusst die zeitliche Präzision der Signalübertragung. Dysregulation kann zu synaptischem Verschleiß und hidden hearing loss führen. Forschung untersucht glutamaterge Modulatoren zum Schutz von Synapsen bei Lärmtrauma.
Goodness‑of‑Fit bewertet, wie gut ein Hörgerätesignal dem vom Audiogramm vorgegebenen Soll‑Frequenzgang entspricht. Es wird als Kurvenabweichung in dB über Frequenzen gemessen. Ein hoher Goodness‑of‑Fit korreliert mit besserem Sprachverständnis und Nutzerzufriedenheit. Anpasssoftware zeigt Fit‑Diagramme in Echtzeit und erlaubt Feintuning. Regelmäßige Kontrollen gewährleisten langfristige Passgenauigkeit.
In der Gruppenaudiometrie werden mehrere Probanden gleichzeitig getestet, meist bei präventiven Hörchecks in Betrieben. Standardisierte Signale werden über Lautsprecher im Freifeld präsentiert, und individuelle Reaktionen per Handzeichen erfasst. Dieses Verfahren ist effizient, aber weniger präzise als Einzelton‑Audiometrie. Abweichende Ergebnisse werden in Einzeltests nachkontrolliert.
Eine Gummimembran im Ohrpassstück sorgt für dichten Sitz und optimiert Schallübertragung in Hörgeräten. Sie verhindert Rückkopplungen und filtert Umgebungsgeräusche. Materialwahl beeinflusst Komfort und Haltbarkeit; medizinisches Silikon ist Standard. Regelmäßiger Austausch beugt Rissbildung und Undichtigkeiten vor.