HÖRST
Glossar
K
Die kalorische Prüfung testet die Funktion des horizontalen Bogengangs, indem man warmes oder kaltes Wasser bzw. Luft in den Gehörgang einbringt. Temperaturunterschiede erzeugen Endolymphströmungen, die einen typischen Nystagmus (Augenruckbewegungen) auslösen. Die Intensität und Richtung des Nystagmus geben Aufschluss über vestibuläre Funktionsasymmetrien und zentral-vestibuläre Integrität. Sie ist Standard in der Schwindeldiagnostik und hilft, vestibuläre Ausfälle einseitig zu lokalisieren. Da die Reizung unangenehm sein kann, erfolgt die Untersuchung unter kontinuierlicher Überwachung von Augenbewegungen.
Die Kanalaudiometrie misst die Schallleitungseigenschaften einzelner Frequenzbänder („Kanäle“) im Gehörgang oder Hörgerät. Sie nutzt schmale Filterbänder, um Schwellen und Verstärkungsbedarf differenziert pro Kanal zu bestimmen. Ergebnisse helfen, Mehrband‑Kompressionsparameter präzise einzustellen und klares Sprachverständnis zu gewährleisten. In der Forschung dient die Kanalaudiometrie zur Untersuchung von Frequenzselektivität und Maskierungseffekten. Moderne Hörgeräteanpasssoftware visualisiert Kanalaudiogramme in Echtzeit zur Feinkalibrierung.
Ein Kanalkompressor ist ein dynamischer Prozessor, der in jedem Frequenzkanal eines Hörgeräts separat die Pegelkompression regelt. Er verringert laute Signale über der Komfortschwelle stärker als leise Signale, um den Dynamikbereich an das Restgehör anzupassen. Parameter wie Ratio, Angriff- und Rückfallzeit werden pro Kanal individuell optimiert. Mehrkanalkompression ermöglicht, Sprachanteile in kritischen Bändern hervorzuheben und gleichzeitig impulsartige Störgeräusche zu dämpfen. Falsch eingestellte Kompressoren können jedoch Klangartefakte und Unbehagen verursachen.
Kanaltrennung bezeichnet das Aufteilen des Audiospektrums in separate Frequenzbänder zur unabhängigen Bearbeitung. Sie bildet die Basis für Mehrbandkompression, Filterung und Rauschunterdrückung in Hörgeräten. Gute Kanaltrennung minimiert Übersprechen benachbarter Bänder und verhindert Phasenprobleme. Anzahl und Bandbreite der Kanäle werden an das Hörverlustprofil und die Verarbeitungsleistung des Prozessors angepasst. Adaptive Systeme verändern Kanalgrenzen situativ, um optimale Klangqualität in wechselnden Umgebungen zu gewährleisten.
Die Kanalzahl gibt an, in wie viele Frequenzbänder ein Hörgerät das Audiosignal aufteilt. Übliche Werte liegen zwischen 4 und 16 Kanälen; mehr Kanäle erlauben feinere Anpassung, erfordern aber höhere Rechenleistung. Eine höhere Kanalzahl unterstützt präzises Maskierungsmanagement und individuelle Verstärkungsprofile. Zu viele Kanäle können jedoch zu Überanpassung und erhöhtem Rauschen führen. Die ideale Kanalzahl hängt vom Hörverlustmuster und den Verarbeitungsfähigkeiten des Trägers ab.
Kapselotitis ist eine Entzündung der knöchernen Kapsel des Innenohrs, meist Folge einer Otitis media oder Schädelbasisverletzung. Sie verursacht starke Ohrenschmerzen, Schwindel und oft sensorineuralen Hörverlust. Diagnostisch werden CT/MRT und Laborwerte herangezogen, um Ausdehnung und Erreger zu bestimmen. Therapie umfasst systemische Antibiotika, Schmerzmanagement und gegebenenfalls chirurgische Drainage. Eine frühzeitige Behandlung ist essenziell, um dauerhafte Innenohrschäden zu verhindern.
Kaskadenverstärkung bezeichnet eine mehrstufige Verstärkungsarchitektur, bei der mehrere Verstärkerstufen hintereinander geschaltet sind. Jede Stufe erhöht den Pegel leicht, wodurch Gesamtverstärkung ohne starke Verzerrungen erreicht wird. Diese Technik verbessert Rauschverhalten und Linearisierung im Vergleich zu Einzelstufen mit hoher Verstärkung. In digitalen Hörgeräten findet sich Kaskadenverstärkung sowohl in analog-digitalen Wandlern als auch in Ausgangsverstärkern. Sie trägt zu niedrigem Eigenrauschen und hoher Klangtreue bei.
Klangkompression reduziert die Dynamik von Audiosignalen, indem laute Abschnitte stärker abgeschwächt werden als leise. In Hörgeräten ist sie unverzichtbar, um das Restgehör vor Übersteuerung zu schützen und gleichzeitig Schwachsignale hörbar zu machen. Kompressionsparameter wie Ratio, Knee-Point und Release-Time bestimmen das Ansprechverhalten. Adaptive Kompression passt sich automatisch an Sprach- und Umgebungsgeräusche an. Falsch eingestellte Kompression kann jedoch Den Klang „flach“ oder unnatürlich wirken lassen.
Der Kleinhirnbrückenwinkel ist der anatomische Raum zwischen Kleinhirn und Pons, durch den der VIII. Hirnnerv zieht. Hier entstehen häufig Akustikusneurinome, gutartige Tumoren, die zu Hörverlust, Tinnitus und Schwindel führen. Die mikrochirurgische Resektion erfordert Zugang durch diesen Winkel, wobei Hirnstamm und Gefäße geschont werden müssen. Intraoperatives Monitoring der auditorischen Hirnstammausgänge schützt Nervfunktion. Postoperative Bildgebung kontrolliert Resektionsvollständigkeit und Komplikationen.
Der Klirrfaktor gibt das Verhältnis der Summe aller harmonischen Obertöne zur Grundschwingung an und quantifiziert Verzerrungen in einem System. In Hörgeräten beschreibt er, wie stark das Ausgangssignal vom Eingangssignal abweicht. Niedrige Klirrfaktoren (<1 %) sind wünschenswert für unverfälschten Klang. Messungen erfolgen mit Sinus‑Sweeps und Spektralanalyse. Hoher Klirrfaktor kann Sprachverständnis und Klangqualität erheblich verschlechtern.
Ein Knalltrauma entsteht durch extrem kurze, hochintensive Schallexplosionen, die Haarsellen und synaptische Verbindungen im Innenohr sofort zerstören können. Symptome sind plötzlicher Hörverlust, Tinnitus und Schwindel. Notfalltherapie mit Hochdosis‑Kortikosteroiden und Hyperbare Oxygenierung kann Schäden vermindern, muss aber sofort erfolgen. Langzeitfolgen umfassen bleibende Hörminderung und psychische Belastungen. Prävention durch Gehörschutz bei Schusslärm oder Explosionen ist essenziell.
Knochenleitung überträgt Schall durch Vibration des Schädels direkt auf die Cochlea, bypassing Außenohr und Mittelohr. Sie wird in der Audiometrie genutzt, um Schallleitungs‑ von Schallempfindungsschwerhörigkeit zu unterscheiden. Knochenleitungshörsysteme versorgen Patienten mit Mittelohrproblemen. Implantierbare Knochenleitungsgeräte (BAHS, Bonebridge) liefern höhere Klangqualität als klassische Knochenschallbügel. Knochenleitung spielt auch bei Autophonie eine Rolle.
Die Kochlea (Cochlea) ist das schneckenförmige Innenohrorgan, in dem Schallwellen in elektrische Nervenimpulse umgewandelt werden. Auf der Basiliarmembran sitzen innere und äußere Haarzellen, die durch mechano‑elektrische Transduktion Töne verschiedener Frequenzen kodieren. Tonotopie sorgt dafür, dass hohe Frequenzen an der Basis und tiefe am Apex der Schnecke detektiert werden. Schäden an der Kochlea, etwa durch Lärm oder Ototoxine, führen zu permanentem sensorineuralem Hörverlust. Forschung an Zellregeneration und Cochlea‑Implantaten zielt auf Wiederherstellung der Funktion ab.
Kommunikative Barrierefreiheit bedeutet, dass Menschen mit Hörverlust uneingeschränkt Zugang zu sprachlichen Inhalten haben, etwa durch Gebärdensprache, Untertitel, induktive Höranlagen oder Echtzeit‑Transkription. Sie umfasst technische, architektonische und organisatorische Maßnahmen in öffentlichen Räumen, Medien und digitalen Angeboten. Ziel ist gleichberechtigte Teilhabe an Bildung, Kultur und Alltag. Gesetzliche Vorgaben fordern Barrierefreiheit in öffentlichen Einrichtungen und Online‑Diensten. Audiologen und Akustiker beraten zu geeigneten Hilfsmitteln und Installationen.
Kompensationsverfahren dienen dazu, Hörverlust durch technische oder therapeutische Mittel auszugleichen. Sie reichen von Hörgeräten und Implantaten bis zu Hörtraining und Umgebungsanpassungen. Digitale Signalprozessoren nutzen Mehrbandkompression, Rauschunterdrückung und Richtmikrofone, um Sprachanteile zu verstärken. Therapeutische Kompensation umfasst zentrale Hörverarbeitungstrainings, um neuronale Plastizität zu fördern. Kombination aus technischer und rehabilitativer Kompensation erzielt beste Ergebnisse für Sprachverständnis.
Die Kompressionsdynamik beschreibt, wie ein Hörgerät auf unterschiedliche Eingangspegel reagiert: Leise Signale werden stärker verstärkt als laute, um den Dynamikbereich des Trägers optimal auszunutzen. Wichtige Parameter sind Kompressionsratio, Knee‑Point und Attack/Release‑Zeit. Eine schnelle Attack‑Zeit schützt vor Impulslärm, während eine langsame Release‑Zeit natürliche Klangverläufe bewahrt. Individuelle Feineinstellung passt Dynamik an Hörverlustprofil und Hörpräferenzen an. Fehlanpassungen können Sprachverständnis und Klangqualität beeinträchtigen.
Beim konduktiven (Schallleitungs‑)Hörverlust ist die Übertragung von Schall durch Außenohr oder Mittelohr gestört, etwa durch Cerumenpfropf, Trommelfellperforation oder Otosklerose. Betroffene haben normale Knochenleitung, aber erhöhte Luftleitungsschwellen im Audiogramm. Therapieoptionen sind chirurgische Rekonstruktion, Entfernung von Hindernissen oder Knochenleitungshörsysteme. Tympanometrie und Rinne‑Test helfen, konduktive von sensorineuralen Verlusten zu unterscheiden. Prognose ist bei erfolgreicher Behandlung meist sehr gut.
Die kopfbezogene Übertragungsfunktion (HRTF) beschreibt, wie Kopf, Ohrmuscheln und Rumpf Schall frequenzabhängig filtern und so Richtungshinweise erzeugen. Sie ist essenziell für räumliches Hören und Virtual‑Reality‑Audio. Individuelle HRTFs werden mit Mikrofonen am Ohr aufgenommen oder berechnet, um realistische 3D‑Audioeffekte zu erzeugen. In der Hörgeräteentwicklung nutzt man HRTF‑Modelle, um natürliche Lokalisation trotz Gerät zu erhalten. Adaptive Algorithmen können HRTFs in Echtzeit an Kopfbewegungen anpassen.
Kopfhörer sind Schallwandler, die direkt am Ohr Positioniert werden und Schall isoliert zum Trommelfell übertragen. Sie kommen in Audiometrie (Alltagstest und Forschung) sowie als Zubehör für Hörgeräte‑Streamer zum Einsatz. Geschlossene Bauformen bieten hohe Abschirmung gegen Umgebungsgeräusche, offene sind natürlicher im Klang. Kalibrierte Messkopfhörer gewährleisten genormte Schallpegel bei Schwellentests. Hygiene und Sitzkomfort sind wichtig für präzise und zuverlässige Messungen.
Das Kraftgesetz der Haarzellen beschreibt die nichtlineare Beziehung zwischen Auslenkung der Haarzellen-Stereozilien und der ausgelösten elektrischen Reaktion. Kleine Auslenkungen führen zu proportional größeren Receptorpotenzialen, was die Empfindlichkeit des cochleären Verstärkers erklärt. Bei Überschreitung bestimmter Auslenkungsgrenzen kippt die Kennlinie ab, um Schutz vor Überreizung zu bieten. Veränderungen dieses Gesetzes durch Schäden beeinflussen Dynamikbereich und Frequenzauflösung. Biophysikalische Modelle helfen, Hörgerätekompression zu optimieren.
Ein Kristallkalibrator erzeugt einen definierten Schalldruckpegel (meist 94 dB SPL bei 1 kHz) in einem geschlossenen Adapter, um Mikrofonempfindlichkeiten zu prüfen. Er nutzt piezoelektrische Kristalle für stabile Frequenz und Amplitude. Kalibrierung vor jedem Messdurchgang sichert Genauigkeit in Audiometrie und Raumakustik. Regelmäßige Rückführung auf nationale Normale gewährleistet Messkonsistenz. Dokumentation der Kalibrierung ist Teil der Qualitätskontrolle in Laboren und Kliniken.
Das auditive Kurzzeitgedächtnis speichert akustische Informationen für Sekunden bis Minuten, um Sprache und Klänge zu verarbeiten. Es ermöglicht das Verstehen von Sätzen, indem vorhergehende Worte im Gedächtnis gehalten werden. Störungen führen zu Schwierigkeiten bei längeren Sprachpassagen und komplexen Hörsituationen. Tests wie dichotische Zahlenspanne messen auditive Speicherleistung. Hörtraining und kognitive Übungen können Kurzzeitgedächtnisfunktionen verbessern.