HÖRST
Glossar
D
Dämpfung beschreibt die Abschwächung von Schallenergie beim Durchgang durch ein Medium oder Bauteil. Im Ohr wirkt das Mittelohr mit seinen Knöchelchen wie ein Dämpfungsglied, das extrem laute Impulse abmildert und somit das Innenohr schützt. In der Gehörgangs- und Raumakustik misst man Dämpfungsgrade, um Reflexionen und Nachhall zu kontrollieren. Hörgeräte nutzen gezielte Dämpfungsfilter, um störende Frequenzen abzusenken und Klangkomfort zu erhöhen.
Der Dämpfungsfaktor ist das Verhältnis von eingekoppelter zu abgegebener Energie in einem schwingenden System. Im Mittelohr gibt er Auskunft darüber, wie elastisch die Knöchelchenkette schwingt und wie stark sie Schwingungsenergie absorbiert. Niedrige Dämpfungsfaktoren deuten auf übermäßige Reflexionen hin, hohe auf starke Energieverluste. Audiometrisch kann eine veränderte Dämpfung auf Otosklerose oder Lockerung von Implantaten hindeuten.
Der Dämpfungskoeffizient quantifiziert, wie schnell Schallwellen in einem Material oder Medium an Amplitude verlieren. In der Cochlea beeinflusst er, wie Schwingungen entlang der Basiliarmembran abklingen und so die Frequenzauf‑lösung prägen. In Bau‑ und Raumakustik definiert er, wie stark Wände oder Decken Schall schlucken. Hörgerätehersteller berücksichtigen Materialdämpfung bei Otoplastiken, um Resonanzen zu minimieren.
Bei Dehiszenz des Bogengangs liegt eine knöcherne Lücke im Dach eines Bogengangs vor, meist im superioren Kanal. Diese Öffnung führt zu abnormen Reizungen der Cupula und verursacht Symptome wie autophones Rauschen, Schwindel bei Druckveränderungen und Hörverluste. Die Diagnose erfolgt per CT‑Scan und vestibulären Funktionstests. Chirurgische Verschließung der Dehiszenz kann Symptome deutlich lindern.
Dekompensation bezeichnet das Versagen von Hörhilfen oder zentralen Verarbeitungsprozessen, wenn ein Hörverlust so stark ist, dass Kompensationsmechanismen nicht mehr ausreichen. Betroffene erleben plötzlich, dass gewohnte Hörgeräteprogramme nicht mehr genügen, und berichten über erhebliche Verständnisschwierigkeiten. Dieser Zustand erfordert Neubewertung der Versorgung, oft mit stärkerer Verstärkung oder Cochlea‑Implantat. Eine rasche Anpassung vermindert Stress und soziale Isolation.
Auditive Deprivation entsteht, wenn das Gehirn über längere Zeit keine oder nur stark reduzierte akustische Reize empfängt. Dies führt zu Rückbildung zentraler Hörnetzwerke und verschlechtertem Sprachverständnis, selbst wenn peripheres Hören später wiederhergestellt wird. Frühzeitige Hörversorgung bei Kindern ist essenziell, um Deprivation zu verhindern und normale Sprachentwicklung zu gewährleisten. Rehabilitation umfasst intensives Hörtraining, um neuronale Plastizität zu fördern.
Desensibilisierung zielt darauf ab, die Überempfindlichkeit gegenüber Tinnitusgeräuschen zu reduzieren, indem Betroffene kontrolliert mit Rausch‑ oder Musikstimuli konfrontiert werden. Durch regelmäßige, gesteuerte Exposition gewöhnt sich das Gehirn an das Geräusch und blendet es zunehmend aus. Psychologische Verfahren wie kognitive Verhaltenstherapie ergänzen das auditive Training. Langzeitstudien zeigen nachhaltige Reduktion von Tinnitus‑Stress und verbesserte Lebensqualität.
Detektion bezeichnet den Vorgang, ab welchem Schalldruckpegel das Ohr einen Ton gerade noch wahrnehmen kann. Die Detektionsschwelle wird im stillen Raum mit Ton‑Audiometrie ermittelt und bildet die Hörkurve im Audiogramm. Sie dient als Basis für Definition von Normalhörigkeit und Hörverlustgraden. Variationen in der Detektionsleistung geben Aufschluss über periphere und zentrale Hörstörungen.
Das Dezibel (dB) ist eine logarithmische Einheit zur Angabe von Pegelverhältnissen, häufig des Schalldrucks oder der Schallintensität. Eine Erhöhung um 10 dB entspricht etwa einer Verdopplung der wahrgenommenen Lautstärke. In der Audiologie gibt man Hörschwellen relativ zu einer Norm (0 dB HL) an. Dezibelwerte helfen, Lärmexpositionsgrenzen zu definieren und Hörgeräteverstärkungen zu kalibrieren.
Diagnostische Audiometrie umfasst alle Tests, die Art und Ausmaß eines Hörverlusts bestimmen, darunter Ton‑, Sprach‑ und Impedanzmessungen. Sie differenziert zwischen Schallleitungs‑ und Schallempfindungsschwerhörigkeit sowie zentralen Störungen. Ergebnisse dienen als Grundlage für Therapieentscheidungen wie Hörgeräteversorgung oder chirurgische Eingriffe. Moderne computergestützte Audiometer liefern präzise, reproduzierbare Befunde.
Beim dichotischen Hören werden jedem Ohr unterschiedliche akustische Signale simultan zugeführt, um die zentrale Verarbeitung und Lateralisierung zu prüfen. Typische Tests präsentieren konkurrierende Sprach‑ oder Tonreihen, um Aufmerksamkeit und Filterfähigkeit zu bewerten. Störungen zeigen sich bei zentralen Hörverarbeitungsstörungen oder nach Schlaganfällen. Dichotische Paradigmen werden in der pädaudiologischen Diagnostik und Neurorehabilitation eingesetzt.
Die Differentialton‑Audiometrie misst die Fähigkeit, sehr kleine Frequenzunterschiede zwischen zwei Tönen zu erkennen. Probanden geben an, welcher Ton höher oder tiefer klingt; so lässt sich die Frequenzauflösung des Ohrs quantifizieren. Verminderte Differenzierungsfähigkeit weist auf zentrale oder cochleäre Störungen hin. Die Methode liefert Einblicke in neuronale Schärfung und Plastizität des auditorischen Systems.
Digitale Hörsysteme wandeln akustische Signale in digitale Daten um, verarbeiten sie mittels Algorithmen und wandeln sie zurück in Klang. Sie bieten adaptive Rauschunterdrückung, Rückkopplungsmanagement und Mehrkanal‑Kompression. Softwaregestützte Feinanpassung erlaubt individuelle Klangprofile für unterschiedliche Hörsituationen. Gegenüber analogen Geräten liefern sie besseres Sprachverständnis und höhere Flexibilität.
Diskrimination bezeichnet die Fähigkeit, zwei ähnliche akustische Reize als verschieden wahrzunehmen, etwa Tonhöhen‑ oder Lautstärkeunterschiede. Sie wird in Sprach‑ und Ton‑Audiometrie getestet und ist entscheidend für Sprachverständnis. Eingeschränkte Diskrimination findet sich bei cochleären Totzonen und zentralen Verarbeitungsstörungen. Trainingsprogramme zielen darauf ab, Diskriminationsschwellen zu verbessern.
Distanzhören beschreibt das Erfassen von Schallquellen, die weit vom Hörer entfernt sind. Schalldruckpegel fallen mit zunehmender Entfernung, weshalb das Ohr und Hörsysteme empfindlich für leise Signale sein müssen. In Raumakustik und Beschallungstechnik optimiert man Lautsprecherpositionen und Nachhallzeit, um Distanzhören zu erleichtern. Bei Schwerhörigkeit verschlechtert sich Distanzhören stärker als Nahhören, was spezielle Verstärkungsstrategien erfordert.
Ein Distorsionsprodukt‑OAE ist eine von der Cochlea erzeugte Rückemission, wenn zwei Töne gleichzeitig anliegen und die nichtlinearen Eigenschaften der Haarzellen Verzerrungsprodukte erzeugen. Diese Emissionen werden im Gehörgang gemessen und geben Aufschluss über Funktion der äußeren Haarzellen. Vorhandensein von DPOAE spricht für intakten cochleären Verstärker, ihr Fehlen für Schädigung. DPOAE-Tests sind schnell, objektiv und werden auch bei Neugeborenen eingesetzt.
Distorsionsprodukte entstehen in nichtlinearen Systemen, wenn zwei oder mehr Frequenzen gemischt werden und neue Frequenzen (Summe/Differenz) erzeugen. Im Ohr entstehen sie durch die aktive Verstärkung der äußeren Haarzellen. Sie sind diagnostisch nutzbar als Otoakustische Emissionen und zeigen cochleäre Gesundheit. In der Elektrobiologie werden sie als Indikator für Systemlinearität und Filtergüte herangezogen.
DPOAE bezeichnet die Messung spezifischer Verzerrungsprodukte, die von der Cochlea als Antwort auf zwei Testtöne erzeugt werden. Sie erlaubt nichtinvasive Beurteilung der äußeren Haarzellenfunktion ohne aktive Mitarbeit des Patienten. DPOAE gelten als Standard im Neugeborenen-Hörscreening und in der frühen Ototoxizitätsdiagnostik. Fehlende DPOAE bei normalem Tympanogramm deutet auf sensorineuralen Hörverlust hin.
Der Druckausgleich zwischen Mittelohr und Umgebung erfolgt über die Eustachische Röhre und sorgt dafür, dass das Trommelfell frei schwingen kann. Fehlfunktionen führen zu Unter- oder Überdruck, was Schmerzen und Hörminderung verursacht. Techniken wie Valsalva-Manöver oder Tubenkatheter therapieren tubare Dysfunktion. Tympanometrie dokumentiert den Druckverlauf und hilft bei Entscheidungsfindung für Paukenröhrchen.
Druckgefühl entsteht, wenn der Mittelohrdruck von Außen- und Innendruck abweicht, meist bei Flugreise oder Erkältung. Das Trommelfell spannt sich, und mechanische Schallleitung verschlechtert sich. Wiederholte Belüftungsübungen aktivieren die Tuba auditiva und gleichen den Druck aus. Anhaltendes Druckgefühl kann auf tubare Dysfunktion oder Mittelohrerguss hinweisen.
Druckschmerz am Ohr weist auf entzündliche Prozesse wie Otitis media oder Exostosen hin. Palpation des Tragus und Perkussion des Mastoidbereichs lösen Schmerzen bei pathologischer Veränderung. Schmerzstärke korreliert oft mit Entzündungsgrad und Ergussmenge. Schmerztherapie kombiniert Analgetika mit gezielter Behandlung der Grunderkrankung.
Der Dynamikbereich bezeichnet den Unterschied zwischen der Hörschwelle und der Schmerzschwelle des Ohres. Er umfasst typischerweise 0 dB HL bis etwa 120 dB SPL. Hörgeräte müssen diese Bandbreite abdecken, ohne Verzerrungen zu erzeugen. Reduzierter Dynamikbereich bei Hörverlust erfordert Kompression, um laute Geräusche abzuschwächen und leise hörbar zu machen.
Dynamikkompression in Hörgeräten verringert den Pegelunterschied zwischen leisen und lauten Signalen, indem laute Töne stärker abgeschwächt werden. So bleiben Umgebungsgeräusche erträglich, und leise Sprache wird hörbar. Kompressionsparameter wie Ratio und Angriff- bzw. Freigabezeit werden individuell eingestellt. Eine zu starke Kompression kann jedoch Klangqualität und Sprachverständlichkeit beeinträchtigen.
Dysakusis beschreibt eine gestörte Klangqualität trotz erhaltenem Hörvermögen, etwa bei Verzerrungen oder Unschärfen im Sprachsignal. Betroffene hören Töne, können sie aber nicht klar unterscheiden. Ursache sind meist cochleäre Nichtlinearitäten oder zentrale Verarbeitungsdefizite. Therapie umfasst gezieltes Hörtraining und Anpassung der Signalverarbeitung im Hörgerät.
Eine tubare Dysfunktion liegt vor, wenn die Eustachische Röhre nicht richtig öffnet und schließt, was zu Druckstau und Erguss im Mittelohr führt. Symptome sind Druckgefühl, Hörminderung und wiederkehrende Infektionen. Diagnostik erfolgt per Tympanometrie und Tubenfunktionstest. Behandlung reicht von Nasentropfen über Ballondilatation bis hin zu Paukenröhrchen-Implantation.