HÖRST
Glossar
B
Das Balanceorgan im Innenohr, bestehend aus den drei Bogengängen und Sacculus bzw. Utriculus, steuert das Gleichgewicht und die räumliche Orientierung. Bewegungen des Kopfes versetzen die Endolymphe in den Bogengängen in Fluss, wodurch Haarzellen mechanisch gereizt werden. Diese Reize werden über den Vestibularnerv an das Gehirn weitergeleitet und dort mit visuellen und propriozeptiven Informationen kombiniert. Störungen können Schwindel, Übelkeit und Gleichgewichtsschwankungen hervorrufen. Diagnostisch kommen Kalorische Prüfung und VEMP-Tests zum Einsatz.
Die Basiliarmembran verläuft spiralig durch die Cochlea und trägt das Corti‑Organ mit seinen Haarzellen. Schallwellen im Innenohr induzieren Wanderwellen auf der Membran, deren Ort der maximalen Auslenkung die wahrgenommene Tonhöhe bestimmt. Je nach Frequenz schwingen unterschiedliche Abschnitte der Membran, was die tonotopische Organisation im auditorischen System ermöglicht. Schäden an der Basiliarmembran beeinträchtigen Frequenzauflösung und Sprachverständlichkeit. Forschungen zu regenerativen Therapien zielen darauf ab, ihre Funktion nach Lärmschäden wiederherzustellen.
Beidseitige Schwerhörigkeit liegt vor, wenn beide Ohren einen messbaren Hörverlust aufweisen. Sie kann symmetrisch oder asymmetrisch auftreten und verschiedene Ursachen haben, etwa Lärmeinwirkung, genetische Faktoren oder Alterungsprozesse. Betroffene leiden häufig an vermindertem Sprachverständnis und sozialer Isolation. Die Versorgung erfolgt meist mit beidseitig angepassten Hörgeräten oder Cochlea‑Implantaten. Regelmäßige audiologische Kontrollen sichern die optimale Einstellung der Hörsysteme.
Die Békésy‑Audiometrie ist ein Verfahren zur Messung der Hörschwelle, bei dem der Patient einen Dauertonknopf drückt, sobald er Schall hört, und loslässt, wenn er ihn nicht mehr hört. Parallel wird der Schalldruck kontinuierlich variiert, sodass man Rückschlüsse auf Schwellenlagen und Adaptationsverhalten ziehen kann. Das Verfahren liefert differenzierte Informationen über Hörschwellen bei ein- und beidseitigen Untersuchungen. Es eignet sich besonders zur Diagnostik von Schallempfindungsschwerhörigkeiten. Heute wird es durch automatisierte computergestützte Tests ergänzt.
Ein Belag auf dem Trommelfell entsteht häufig durch entzündliche Prozesse wie Otitis media oder durch chronische Feuchtigkeit im Gehörgang. Er kann das Trommelfell in seiner Schwingungsfähigkeit hemmen und zu Schallleitungsschwerhörigkeit führen. Otoskopisch zeigt sich der Belag als weißliche oder gelbliche Schicht. Behandlung erfolgt durch mikroskopische Reinigung und ggf. topische Antibiotika. Eine Nachkontrolle per Tympanometrie stellt die Wiederherstellung der Trommelfellfunktion sicher.
Die Belästigungslautstärke ist ein psychoakustischer Maßstab dafür, wie störend ein Geräusch empfunden wird, unabhängig von seinem Schalldruckpegel. Sie wird in Studien durch Befragung von Probanden ermittelt und fließt in Lärmschutzrichtlinien ein. Faktoren wie Tonhöhe, Dauer und Kontext beeinflussen die subjektive Belästigung. Maßnahmen zur Reduktion umfassen Schallschutzwände, Raumakustikoptimierung und Gehörschutz. Für die Planung von Wohn- und Arbeitsbereichen sind Belästigungspegel wichtige Kenngrößen.
Eine Belüftungsstörung der Paukenhöhle entsteht, wenn die Eustachische Röhre nicht richtig öffnet und schließt. Dadurch kann kein Druckausgleich zwischen Mittelohr und Nasen-Rachen-Raum erfolgen. Symptome sind Druckgefühl, Hörminderung und wiederkehrende Otitiden. Diagnostisch dient Tympanometrie, therapeutisch helfen Tubenkatheter, nasale Steroide oder Ballondilatation. Chronische Fälle können eine Paukenröhrchen-Implantation erfordern.
Ein Paukenröhrchen ist ein kleines Röhrchen, das operativ ins Trommelfell eingesetzt wird, um die Belüftung des Mittelohrs dauerhaft zu gewährleisten. Es verhindert Flüssigkeitsansammlungen und wiederkehrende Mittelohrentzündungen. Die Röhrchen fallen meist nach einigen Monaten von selbst heraus, sobald das Trommelfell geheilt ist. Nachkontrollen per Otoskopie und Tympanometrie sichern den Therapieerfolg. Bei Erwachsenen kommen sie seltener zum Einsatz als bei Kindern.
Beim benignen paroxysmalen Lagerungsschwindel (BPLS) lösen sich Otolithen im hinteren Bogengang und reizen dort die Cupula. Schon kleine Kopfbewegungen führen zu heftigen, kurz anhaltenden Schwindelattacken. Die Diagnose erfolgt klinisch durch den Dix‑Hallpike-Test. Die Epley‑Manöver repositionieren die Otolithen und lindern die Symptome meist sofort. Rezidive sind häufig, daher können Patienten einfache Lagerungsübungen erlernen.
Benzodiazepine können in seltenen Fällen ototoxisch wirken und zu Schwindel, Tinnitus oder Hörminderung führen. Die Wirkstoffe beeinflussen GABAerge Neurotransmission im auditorischen System. Symptome reversibel nach Absetzen, in schweren Fällen persistierend. Audiometrische Kontrolle empfohlen bei Langzeittherapie. Alternativen wie SSRIs werden erwogen, um Ototoxizität zu vermeiden.
Berufsbedingter Hörverlust entsteht durch chronische Lärmbelastung am Arbeitsplatz, etwa in der Industrie oder im Bauwesen. Er manifestiert sich meist als Schallempfindungsschwerhörigkeit im Hochtonbereich. Prävention durch Gehörschutz, Lärmminderung und regelmäßige Audiometrie ist gesetzlich vorgeschrieben. Früherkennung erlaubt rechtzeitige Anpassung von Schutzmaßnahmen. Rehabilitation umfasst Hörgeräteversorgung und Lärmunempfindlichkeits-Training.
Einige Analgetika und Antibiotika (z. B. Aminoglykoside) wirken ototoxisch und können Haarzellen im Innenohr schädigen. Symptome reichen von Tinnitus bis hin zu permanentem Hörverlust. Dosisreduktion oder Substanzwechsel kann frühe Schädigungen oft rückgängig machen. Regelmäßige otoakustische Emissionstests überwachen die Cochlea-Funktion während der Therapie. Interdisziplinäre Abstimmung zwischen HNO und Onkologie verhindert Hörschäden.
Binaurale Interaktion bezeichnet die Verarbeitung unterschiedlicher Signale beider Ohren im Gehirn zur Lokalisierung und Unterscheidung von Schallquellen. Sie ermöglicht Räumlichkeitsempfinden und Sprachverstehen in Lärm. Störungen führen zu vermindertem Richtungshören und Kommunikationsproblemen. Audiologische Tests wie Binaural Masking Level Difference quantifizieren die Interaktion. Hörsysteme fördern sie durch synchronisierte Signalverarbeitung.
Die binaurale Lokalisierung nutzt Zeit- und Pegeldifferenzen zwischen den Ohren, um Schallrichtung zu bestimmen. Kleine Laufzeitunterschiede (ITD) und Lautstärkeunterschiede (ILD) werden im superioren Olivenkern ausgewertet. Präzises Richtungshören ist essenziell für Sprachverstehen und Sicherheit im Straßenverkehr. Hörgeräte mit binauraler Vernetzung erhalten diese Fähigkeit durch koordiniertes Mikrofon-Processing. Tests im freien Schallfeld überprüfen die Lokalisationsgenauigkeit.
Binaurale Redundanz bezeichnet den Vorteil, wenn beide Ohren dasselbe Signal empfangen, was die Erkennbarkeit erhöht. Im Lärm verbessert sich das Sprachverstehen, da das Gehirn multiple Kopien des Signals nutzt. Redundanzeffekte lassen sich in Sprachaudiometrie messen. Hörgeräte sollten redundante Informationen nicht reduzieren, um Verständlichkeit zu maximieren.
Binaurale Summation beschreibt die verbesserte Wahrnehmung von Lautstärke und Erkennungsschwelle, wenn beide Ohren beteiligt sind. Die kombinierte Information führt zu einem Lautheitsgewinn von etwa 3 dB gegenüber monauralem Hören. Dieser Effekt unterstützt das Hören in geräuschvoller Umgebung. Klinisch berücksichtigt man ihn bei beidseitiger Hörgeräteversorgung.
Die binaurale Unterdrückung beschreibt, wie das Gehirn Störgeräusche unterdrückt, wenn Nutzsignal und Masker phasendifferenziert beiden Ohren zugeführt werden. Der Masking Level Difference (MLD) quantifiziert den Hörgewinn durch phasenoptimierte Reize. Tests dazu helfen, zentrale Hörverarbeitungsstörungen zu diagnostizieren. Moderne Hörgeräte nutzen diese Erkenntnisse, um Signal‑zu‑Rausch‑Verhältnisse zu verbessern.
Binaurale Versorgung bedeutet die gleichzeitige Anpassung von Hörsystemen auf beiden Ohren. Sie erhält Lokalisation, Sprachverständnis und Klangqualität. Klinische Studien zeigen bessere Hörleistungen und geringere Höranstrengung im Vergleich zur monauralen Versorgung. Synchronisierte Programme und Mikrofone optimieren binaurale Effekte.
Binaurales Hören ist das Zusammenspiel beider Ohren zur räumlichen Klangwahrnehmung. Es ermöglicht Richtungshören, Lärmunterdrückung und Sprachverständnis in komplexen akustischen Situationen. Der superior olivary complex im Hirnstamm ist zentrale Verarbeitungsstation. Verlust eines Ohres reduziert diese Fähigkeiten deutlich. Rehabilitation zielt auf Maximierung verbliebener binauraler Effekte.
Ein biphasischer Tinnitus-Masker erzeugt abwechselnd zwei verschiedene Frequenzen, um Tonus und Wahrnehmung des Tinnitus zu modulieren. Durch Phasenverschiebungen wird die neuronale Adaptation gebrochen, was zu stärkerer Linderung führt. Masker können in Hörgeräten oder eigenständigen Geräten integriert sein. Klinische Studien belegen kurzfristige Reduktion der Tinnituslautstärke.
Die Bit-Tiefe gibt an, wie viele Bits zur Darstellung eines Audiosamples verwendet werden und bestimmt die Dynamikauflösung. Höhere Bit-Tiefe ermöglicht feinere Abstufungen und geringeres Quantisierungsrauschen. In Hörgeräten beeinflusst sie Klangtreue und Rauscharmut. Übliche Werte liegen bei 16–24 Bit, professionelle Systeme nutzen bis 32 Bit.
Der Blaupunkt-Effekt beschreibt eine vorübergehende Erhöhung der Hörschwelle nach Lärmbelastung. Betroffene nehmen Töne leiser wahr, bis sich die Haarzellen erholt haben. Das Phänomen zeigt die Schutzfunktion der akustischen Adaptation. Langfristige oder wiederholte Belastung kann zu permanentem Hörverlust führen. Audiometrische Kontrollen dokumentieren Erholungszeiten.
Bluetooth-Hörgeräte nutzen drahtlose Funktechnik, um Audiosignale direkt von Telefon, Fernseher oder Computer zu empfangen. Sie verbessern Sprachverständnis und Komfort, da Umgebungsgeräusche ausgeblendet werden. Niedrige Latenz und binaurale Synchronisation sind wichtige Qualitätsmerkmale. Akkubetriebene Modelle vermeiden Batteriewechsel. Kompatibilität mit Standard-Profilen (APT-X, LE) sichert breite Einsatzmöglichkeiten.
Die drei Bogengänge im Vestibularapparat (horizontal, superior, posterior) registrieren Drehbewegungen des Kopfes. Sie sind mit Endolymphe gefüllt und enthalten Haarzell-Sensoren in der Cupula. Jede Bewegung erzeugt eine spezifische Strömung, die an das Gehirn weitergeleitet wird. Erkrankungen wie BPLS betreffen vor allem die posterioren Bogengänge. Funktionstests sind Kalorische Prüfung und Video‑Nystagmographie.
Knochenleitung überträgt Schall durch Vibration des Schädels direkt zum Innenohr, bypassing Außenohr und Mittelohr. Sie wird in Audiometrie zur Abgrenzung von Schallleitungs‑ und Schallempfindungsschwerhörigkeit genutzt. Bone‑Conduction-Hörsysteme versorgen Patienten mit Mittelohrproblemen. Moderne Implantate wie BAHS bieten dauerhafte Knochenleitungslösungen.
Bonebridge ist ein aktives transkutanes Knochenleitungsimplantat, das Schallvibrationen direkt ins Felsenbein leitet. Es eignet sich für Patienten mit Schallleitungsschwerhörigkeit und einseitiger Taubheit. Die externe Soundprozessor-Einheit überträgt Signale magnetisch an das implantierte Vibrationsmodul. Klinische Studien zeigen hohe Patientenzufriedenheit und Sprachverständnis.
Während Ohroperationen kann die Reizung des N. vagus zu Bradykardie führen, da parasympathische Fasern stimuliert werden. Anästhesisten überwachen Herzfrequenz und Blutdruck engmaschig. Präventiv werden vagolytische Medikamente gegeben. Chirurgen arbeiten schonend, um Druck auf den Meatus und Rundfenster zu minimieren. Ereignisse erfordern sofortige kardiologische Intervention.
Brummen im Ohr beschreibt tieffrequente, oft pulsatile Geräusche, die Betroffene als störend empfinden. Ursachen sind vaskuläre Turbulenzen, Muskelzittern oder Hörgerätfeedback. Diagnostisch hilft Auskultation und Doppler-Sonographie, um vaskuläre Ursachen auszuschließen. Therapeutisch kommen Masker, Biofeedback oder medikamentöse Gefäßtherapie zum Einsatz. Chronisches Brummen kann die Lebensqualität stark beeinträchtigen.